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Die Vergöttlichung des Menschen

Die Weihnachtskrippe in der Abteikirche Münsterschwarzach stellt das Geheimnis der Weihnacht auf einmalige Weise vor Augen. Ein Werk von Hilario Mendivil, dass nicht nur Kunsthandwerk ist, sondern Ausdruck gelebter Frömmigkeit.

Zu Weihnachten gehört die Weihnachtskrippe ganz selbstverständlich dazu. Sie stellt dem Betrachter das Geheimnis der Weihnacht bildlich vor Augen. Es gibt wohl keine Kirche, in der zur Weihnachtszeit keine Krippe aufgebaut wird. Dabei lohnt es sich oft einmal genauer hinzuschauen und die Botschaft in der Botschaft zu suchen. Seit 24. Dezember steht in der Abteikirche eine Krippe, die es in dieser Ausführung wahrscheinlich kaum woanders zu finden ist. Sie stammt von dem peruanischen Künstler Hilario Mendivil (1927-1977), der in Peru zu den bedeutendsten Kunsthandwerken des 20. Jahrhunderts zählt und es auch international zu großer Bekanntheit gebracht hat.

Die Krippe, wie sie in der Abteikirche zu sehen ist, stammt aus der frühen Zeit seines künstlerischen Schaffens und fällt durch Figuren mit überlangen Hälsen auf. Dieses Charakteristikum hat Mendivil in seinen späteren Werken sogar noch weiter verstärkt.

Eine weitere Besonderheit sind Innigkeit und Frömmigkeit, die vor allem in den Gesichtern der Figuren zum Ausdruck kommen und in der Art, wie diese ihren Blick in die Krippe, auf das Jesuskind richten. Die verlängerten Hälse dürfen als eigene Kreation des Künstlers gelten, auch wenn sie eine Anspielung auf barocke Tradition sind. Im Gegensatz zu kurzen Hälsen, die eine geduckte, unterwürfige oder bullige Haltung vermitteln können, strahlen die Figuren mit ihren überlangen Hälsen Würde und Majestät aus. Die künstlerische Aussage, die deutlich werden soll, ist die „Vergöttlichung des Menschen“.

Ebenso wie im Oberammergauer Kunsthandwerk, handelt es sich hier um eine eigene Form der Frömmigkeit. Das bedeutet, dass nicht die Figur, die am Ende des Schaffens steht, das eigentliche Ziel des Handwerkers ist, sondern der Ausdruck von gelebtem Glauben im Schaffen und im Geschaffenen. Mendivil ist angetreten um „Heilige zu machen“. Heilige sind Menschen, in denen die Größe Gottes sichtbar wird, so wie sie im Magnifikat Mariens hörbar wird: „Magnificat anima mea Dominum.“ – „Groß macht meine Seele den Herrn.“ Aufgabe der bildenden Kunst ist es, diese geistliche Wirklichkeit zu visualisieren. Auf diese Weise bringt die Streckung der Hälse die geistliche Größe ins Bild. Die Gewänder mit ihren reichen floralen Bemalungen, visualisieren die Schönheit Gottes und seiner Schöpfung. Der Mensch ist eingehüllt in Heilendes und Vitalisierendes. Dabei steckt in den Gewändern die gleiche Symbolik wie in den Kräutersträußen am Hochfest Mariä Himmelfahrt. Sie stellen den Menschen die Schönheit der Schöpfung und ihre heilenden und belebenden Kräfte vor Augen.

Der Aufbau der Krippe ist vertikal von oben nach unten. Gott steigt von oben herab zu den Menschen, um sie groß zu machen. Der Mensch wird vergöttlicht, in dem Gott Mensch wird. Das Kind selber, als das wichtigste der Krippe ist, wie bei Kinderzeichnungen unproportional vergrößert.

„Hinabsteigen zur Größe des Kindes und bei ihm knien, macht ihn erst groß.“
(P. Meinrad Dufner OSB)