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Predigten

„Niemand kann dich meiner Hand entreißen“

Predigt von Pater Fidelis Ruppert OSB am 4. Ostersonntag, 17. April, in der Abteikirche Münsterschwarzach

„Meine Schafe hören auf meine Stimme;
ich kenne sie, und sie folgen mir“ – haben wir eben gehört.

„Ich kenne sie, ich kenne die Meinen“ – sagt Jesus.
Wir sagen gelegentlich auch über jemand: „Ich kenn den, den kenn ich doch!“
Meist meinen wir das negativ. Man hat mal schlechte Erfahrung gemacht und lehnt ihn jetzt ab. „Den kann ich jetzt!“ Kenn ich ihn dann wirklich? Ist er wirklich nur so – oder doch auch noch anders?
Dietrich Bonhoeffer sagt einmal: „Wir sollten lernen, die Menschen nicht nach dem zu betrachten, was sie tun oder was sie nicht tun, sondern nach dem, woran sie leiden.“
Meist fällen wir unser Urteil nach dem, was uns an jemand gefällt oder nicht gefällt.
Wenn wir aber spüren, woran jemand leidet, wo er verwundet ist, dann verstehen wir auf einer tieferen Ebene, dann sind wir näher an seiner Seele, seinem Herzen.

Bei Jesus ist das so. Er kann tiefer sehen.
Das kann uns zu weiterer Besinnung anregen:
Wenn er sagt: „Ich kenne die Meinen“ – dann kennt er wohl auch mich.
Er könnte zu mir sagen: „Ich kenne die Meinen – also kenne ich auch dich.“

Ich nehme das mal wörtlich und stelle mir vor, Jesus steht vor mir, schaut mich an und sagt: „Ich kenne dich – durch und durch.“
Sie können sich auch vorstellen, Jesus steht vor Ihnen, er schaut Sie an und sagt:
„Ich kenne dich – durch und durch.“
Wie geht es mir damit, wie geht es Ihnen damit, dass er mich/Sie ganz und gar durchschaut? Einfach mal seinen Blick auf mir ruhen lassen!
Vielleicht ist das unangenehm, vielleicht fällt mir zunächst etwas Peinliches ein.
Ich fühle mich ertappt. – Wahrscheinlich ist es für ihn nicht peinlich.
Und es wird ihn nicht hindern, auch viel Gutes in mir zu sehen, was ihn freut.

Was könnte das alles sein? Was freut ihn wohl an mir?
Können Sie sich vorstellen, woran er sich freut, wenn er Ihnen ins Herz schaut? Vielleicht fällt Ihnen nicht gleich was ein. Dann nehmen Sie die Frage ruhig mal mit nach Hause: „Was freut ihn wohl an mir?“ – Eine spannende Frage!

Und vermutlich sieht er auch, wo ich in meiner Seele verwundet bin, wo ich leide, und niemand weiß etwas davon, ich bin ganz allein damit;
vielleicht entdeckt er auch eine tiefe Sehnsucht in mir, die brennt und nicht zur Ruhe kommt.
Er sieht – und versteht. Ich bin nicht mehr allein damit.

Vor Jahren hörte ich oft den Spruch: „Gott sieht alles, aber er petzt nicht.“ Er sieht alles, aber er verrät nichts, er hält immer zu uns.
Er sieht, aber versteht auch – und liebt mich trotzdem.
Bei Menschen ist das oft nicht so – bei Gott schon…..

Und das Evangelium geht noch einen Schritt weiter, wenn Jesus sagt:
„Sie werden niemals zugrunde gehen,
und niemand wird sie meiner Hand entreißen.“
Auf mich angewendet heißt das dann:
Egal, was geschieht, niemand und nichts kann mich seiner Hand entreißen…..
Und Jesus setzt noch eines drauf, er doppelt seine Aussage mit den Worten:
„Der Vater ist größer als ich und niemand kann sie der Hand meines Vaters entreißen.“ Auch der Vater garantiert erst recht diese unaufkündbare Treue!

Das ist eine umwerfende Botschaft:
„Niemand kann mich Seiner Hand entreißen, egal was noch alles passiert!“
In dieser Weise erkannt zu werden,
in dieser Weise ganz persönlich angeschaut und durchschaut zu werden
– wenn uns das wirklich mal aufgeht –
das kann dann auch uns an IHN binden, kann auch mich ganz persönlich an IHN binden,
so dass auch ich  IHN nicht mehr loslassen will:
Meinen Jesus lass ich nicht…..

Wenn sein Blick, seine Liebe mein Herz trifft und es öffnet, dann will dieses Herz Antwort geben und nahe bei Ihm bleiben – meinen Jesus lass ich nicht.
Damit sind meine Probleme, die er sieht, noch nicht gelöst, aber wir können jetzt gemeinsam darauf schauen und gemeinsam Hand anlegen – in aller Ruhe.

Abschließend können wir’s auch noch ganz persönlich formulieren:

ER sagt:
Ich kenne dich, ich liebe dich – Niemand kann dich meiner Hand entreißen,
und ich antworte:
Mein Jesus, ich lass dich nicht. Ich lass dich nicht mehr los….

Das klingt wie eine Liebeserklärung,
eine gegenseitige Liebeserklärung – ja, warum auch nicht?

darum geht’s doch eigentlich in unserem Leben……

Pater Fidelis Ruppert OSB