Mein Licht und mein Heil
Predigt von P. Christoph Gerhard OSB am 32. Sonntag im Jahreskreis
Liebe Schwestern und Brüder,
es gibt Evangelien, da kann einem richtig mulmig werden und das heutige ist so eines. Es handelt von den Schriftgelehrten. Und wer sind die Schriftgelehrten heute? Das sind unter anderen wir Mönche. Das Kommuniongitter in unserer Abteikirche ist ungefähr die Mitte in der Länge unserer Kirche. Grob könnte ich dann einfach sagen, alle die mehr vorne sitzen, in Richtung des Altars und des Kreuzes, all jene gehören zu den Schriftgelehrten heute.
Und es ist ja auch richtig so. Immerhin haben die meisten von uns Theologie und Philosophie studiert. Widmen sich jeden Tag der heiligen Schrift, lesen darin, nehmen die Worte der Psalmen stundenlang in den Mund. Ja, wir sind wirklich Schriftgelehrte und wollen es auch sein.
Wie die Kritik der Schriftgelehrten damals nicht besonders schmeichelhaft war – und sie ist nicht nur von Jesus überliefert, sondern auch aus anderen Quellen – so ist es auch noch heute. So manche Ähnlichkeiten haben wir, liebe Brüder, auch mit Ihnen. Immerhin haben wir lange Gewänder, die schön ausschauen, unsere Ärmel der Kukullen sind lang, wie auch unsere Gewänder. Ja, wir lieben es, gegrüßt zu werden. Warum denn nicht? Es schmeichelt einem. So merken wir unversehens, dass wir heute die ersten Adressen Adressaten sind, die Jesus meint.
Wie ist das mit unserem Leben als Mönche als Priester sind wir Schriftgelehrten à la damals im Evangelium? Oder sind wir Schriftgelehrte, die wirklich nach der Schrift leben? So wie der Pharisäer im letzten Sonntagsevangelium, der von Christus gelobt wurde. Er hatte verständig geantwortet, auf die Frage nach dem höchsten Gebot: nach dem dreifachen Gebot der Liebe zu sich selbst zum Nächsten und zu Gott.
Nicht ohne Grund ist die Mönchsgeschichte voll von Mahnungen, wirklich als Mönch zu leben und nicht nur so zu tun. Das heißt, in das eigene Herz zu schauen, was da alles ist an Hochmut, an Neid und Habsucht, und was wir einen kleinen Glauben Gott haben.
Darüber geht der zweite Abschnitt des Evangeliums und der ist für uns alle gedacht. Da geht es um eine arme Witwe. Sie wirft zwei kleine, ja man muss sagen kleinste Münzen in den Opferstock des Tempels. Sie wird für Jesus der Anlass, seine Jünger zu belehren.
Es geht Jesus zu allem erst darum, nicht nur von seinem Überfluss zu geben, sondern Alles zu geben. Deswegen spricht er wohl zu seinen Jüngern über die arme Witwe, was einer Doppelung entspricht. Witwen sind damals Menschen gewesen, die keinen Rückhalt kein Ansehen in der Gesellschaft hatten. Auch keine Rücklagen, kein Bankkonto.
Jesus möchte von seinen Jüngern, dass wir wirklich nicht irgendetwas zurückhalten, sondern auch das letzte geben. Symbolisch sind das die zwei kleinen Münzen. Die Witwe könnte ja eine behalten! Hat sie nicht getan! Sie wirft beide hinein.
Und es gibt auch noch einen anderen Hinweis, dass es Jesus um mehr geht als nur um das materielle. Im griechischen Text des Evangeliums steht das schöne Wort Bion, für Lebensunterhalt. Da steckt „BIOS“, das Leben darin.
Eine ähnliche Geschichte haben wir schon vor einigen Wochen gehört. Sie handelte vom Reichen Jüngling, der doch alle Gebote befolgt, alles richtig macht und das Letzte, Entscheidende, nämlich sein eigenes Leben für sich behält. Und das ist die Forderung Jesus an den, den er lieb gewonnen hat!
Jesus zeigt uns heute wieder ein Ideal. Ein Ideal, dass wir wohl nicht erreichen können auch und gerade nicht im Kloster, obwohl wir es vielleicht gerade wollten mit unserem Klostereintritt.
Es geht darum, dass Jesus unser ganzes Leben möchte. Das ist auch relativ einfach zu verstehen: Gott ist der Schöpfer des Lebens der Schöpfer von allem, was ist. Und so wie wir auf die Erde kamen, nämlich nackt und bloß, werden wir sie auch wieder verlassen. Alles kommt von ihm. Wir kommen wirklich ganz und voll zum Leben, wenn wir dieses Leben, so wie es ist, nackt und bloß ihm geben, für ihn leben. Das tun wir, zuallererst um unsere selber willen. Darin steckt ja das volle ganze Leben, dass Jesus von uns schenken will. So bleibt uns eigentlich nur eins. Der Psalm 23 ist ein gutes Gebet dafür, dass uns P. Dominikus am Anfang unseres Gottesdienstes schon mitgegeben hat. Immer wieder hinzugehen zu ihm, zu Jesus und ihn darum zu bitten: Ja du bist mein Hirt, du bist mein Licht mein Heil, dem ich mich ganz anvertrauen kann. Zu wachsen auf Gott hin in meinem Leben. Auf das Ziel meines Lebens hin, immer mehr zu verschenken, dass mir ja selbst geschenkt ist, um selbst das Leben in Fülle zu erfahren und geschenkt zu bekommen.
Armen