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Predigten

Kraft von Gott

Predigt von P. Meinrad Dufner OSB am 9. Sonntag im Jahreskreis.

Liebe Schwestern und Brüder,

Ich will das Thema meiner Predigt gleich zu Beginn bringen, indem ich stichwortartig  aus der Lesung zitiere:

Gott sprach, aus Finsternis soll Licht aufleuchten, damit aufstrahlt ein Schatz Weiter unten: Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen - Und jetzt  hören Sie gut zu, denn es redet von unser aller Leben – nämlich: Von allen Seiten in die Enge getrieben, wissen weder aus noch ein,werden gehetzt, werden niedergestreckt, tragen das Todesleiden an uns, sind dem Tod ausgeliefert.

Und jetzt kommt der Gegensatz. Paulus sagt: Finden dennoch Raum, verzweifeln dennoch nicht, sind nicht verlassen und dennoch nicht vernichtet.

Und Resümee: So wird deutlich, dass das Übermaß an Kraft von Gott und nicht von uns kommt. So wird das Leben Jesu, sein Auferstandensein an unserem sterblichen Fleisch sichtbar. Kurz gesagt, in diesem starken Text, literarisch so spannend gestaltet, ist das ganze Drama des Glaubens, des glaubenden Menschen kompakt.

Was heißt das? Vor Jahren habe ich den Satz geprägt: Glauben heißt umdeuten. Aber das ist kein intellektueller Vorgang, so wenn jemand sagt: Das musst du so sehen, sondern das ist ein ganz tief innerlich, existentieller Vorgang. Ich hole es her in mein kleines banales alltägliches Leben und das Ihre – Sie fühlen sich nicht gekränkt -  wird nicht anders sein.

Vor einem liegt ein vielfältiges Tagesprogramm, es kommt im Herzen Angst und Bedrängnis hoch und recht schnell kommt mir auch wieder hoch: Gott weiß um mich, Gott weiß. Ich sitze im Sprechzimmer, mitten in einem sehr existentiellen Gespräch mit schweren Lebensthemen. Ich bin ratlos, keine gescheiten Ratschläge. Gott weiß. Ich sitze da und vertraue was mir dann einfällt gerade und das sag ich, nicht als Antwort, als Hinzufügung zu dem, was jemand von sich sagte.

Und ganz gewöhnlich, wer kennt es nicht, ich kenne es ständig: Ich habe etwas verloren, ich hab etwas vergessen, ich hab etwas verschlampt. Wenn ich vertraue, es wird mir geholfen, wird mir geholfen, wird mir geholfen. Oder ich habe Angst um Jemanden, Sorge um Jemanden. Was hilft mir der Gedanke: Gott ist bei ihm. Ihr Schutzengel ist bei ihr. Gott weiß.

Schließlich in einer Besprechung entsteht Ratlosigkeit, vielleicht auch Wucht der Nachrichten erdrückt uns, das Dunkel der Zeit und der Zeitungen erdrückt uns. Alles Vorgänge meiner Zerbrechlichkeit. Und alles, was ich Gott anheimgebe.

Meine Religiosität, mein Glaube ist Null, Null fromme Leistung. Wir müssen Gott nicht gut aufspielen, damit er bei Laune bleibt. Nein, meine Religiosität, mein Glaube ist wie in Kindertagen: Auf die starke Präsenz meines Vaters vertrauen können und mit allem zur Mutter hinrennen. Wie in Kindertagen: Ich renne zu Gott hin.

Und nicht verwunderlich, dass das alemannische Gebetsgedicht in mir immer wieder hochkommt: Herr, dir in die Hände, sei Anfang und Ende, sei alles gelegt. Und meine Erfahrung ist: Unzähliges an Verwandlung erleben, wie allerhand Bedrängnissituationen nicht weg sind, aber anders anzuschauen und damit verändern sie sich.

Und jetzt füge ich hinzu, was dann bei Paulus wieder steht: Ich finde. Es fällt mir etwas ein, es zeigt sich ein Stück Weg. Ich merke geradezu körperliche Entspannung und Gelassenheit.

Und ich muss mein Drumherum nicht richten und zurechtbiegen. Es wird sich fügen und es gelingt, weil Gott weiß.

Allabendlich Gewissenserforschung heißt für mich, die Rosinen des Tages nochmals dankbar herauspicken, die Lichterfahrungen wahrnehmen, kein Vergangenheitsgekruschel, sondern Würdigen, was geschenkt wurde und auch aus scheinbar eigener Kraft geworden ist und ja wieder geschenkt wurde.

Noch einmal zum Anfang. Die Annahme des Gegensatzes. Wir sind bedrängt von allen Seiten, in die Enge getrieben, wissen nicht ein noch aus, sind gehetzt, werden niedergestreckt, ja, Todesleiden an uns und Paulus sagt:
Finden dennoch Raum, verzweifeln dennoch nicht, sind nicht verlassen und dennoch nicht vernichtet. So wird deutlich, dass das Übermaß an Kraft von Gott und nicht von uns kommt. 

Noch einmal anders gesagt. So geht der Atem des Glaubens. Jeder Ausatem bis zum Schluss, bringt in die Nähe des Todes, wenn der Einatem nicht mehr käme. Und Einatem bringt wieder zum Leben, wenn es gekommen ist. So wird in all unseren Bedrängnissen aufleuchten in unseren Herzen die Erkenntnis des Geheimnisses Christi, mitten in unserer Zerbrechlichkeit.

Wieder Paulus an anderer Stelle: Wenn ich schwach bin, bin ich stark in dem, der mich stärkt.