„Komm in das Land, das ich dir zeige … und du wirst ankommen!“
Liebe Schwestern und Brüder,
liebe Mitbrüder, lieber Br. Remigius!
„Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt. Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter“. So hörten wir gerade im Evangelium von der Ankunft der Sterndeuter in Bethlehem. Große Freude bricht in den Sehern durch nach einer abenteuerlichen Reise am Ziel ihrer Suche angekommen zu sein.
Ein Stern hatte sie in Aufregung versetzt und in seiner Einzigartigkeit ein Zeichen gesetzt, dem sie folgen mussten. Sie deuten diesen Stern mit der Geburt eines Königssohnes. Die Himmelserscheinung ist so bedeutsam, dass sie es sich nicht leisten können, dem neugeborenen König keine Aufwartung zu machen. Und nun schauen sie voll Freude das Kind und seine Mutter.
„Was wir im Auge haben, das prägt uns, da hinein werden wir verwandelt, und wir kommen wohin wir schauen!“ Ist das wirklich so, dass das, was wir im Blickfeld haben uns so prägt, in guter Weise verändert und dorthin bringt, worauf wir schauen? Die Worte des Schriftstellers und Theologen Heinrich Spaemann sprechen von seiner eigenen Erfahrung und können nicht für uns alle stehen. Als junger Mann konvertiert er mit seiner Frau zum katholischen Glauben und wird bald darauf als Witwer zum Priester geweiht. „Was wir im Auge haben, das prägt uns, da hinein werden wir verwandelt!“
Spaemanns Worte zeugen von der Entschiedenheit den Blick auf Ziel und Weg nicht trüben zu lassen und alles Weitere wird sich auf dem unausweichlichen Wandlungsweg fügen im Schauen und Anschauen lassen. „Und wir kommen wohin wir schauen!“
„Komm in das Land, das ich dir zeigen werde“, war der Ruf Gottes an Abraham, sich auf seine Wegweisung einzulassen. Kommen ist mit Aufbruch und unbekannten Wegen verbunden, mitunter ein Weg, der zwar einen Zielpunkt hat, aber erst gegangen werden will mit allem, was unterwegs geschieht. Es können Hindernisse und Schicksalsschläge entgegen- und auf den Menschen kommen, auch Anlass sind einen anderen Weg einzuschlagen, da das Ziel nicht mehr erstrebenswert genug scheint. Der Blick auf den Weg mit seinem Zielpunkt will ein vorausschauender sein. Er weist Orientierung aus und baut Brücken über Unwägbarkeiten hinweg, wie das Abraham am eigenen Leib mit seinem Sohn Isaak erfahren hat als er aufgerufen war sein Kind für seinen Gott zu opfern.
„Komm in das Land, das ich dir zeige … und du wirst ankommen!“ Das sind die Worte, die Du lieber Br. Remigius für deine Professfeier gewählt hast. Zum einen ist es das biblische Wort an den Stammvater Abraham und zum anderen das Schlusswort der Regel Benedikts. Auf den Ruf Komm! will irgendwann das Ankommen folgen. Was war für dein Kommen zu uns ausschlaggebend? Worauf hast du geschaut als du zum ersten Mal unter uns in der Mönchsgemeinschaft von Münsterschwarzach warst, ohne ahnen zu können welchen Wandlungsweg du durchlaufen wirst?
Bevor du um Aufnahme gebeten hast bist du unterschiedliche Wege gegangen. Den Weg ins Leben wiesen dir deine Eltern mit der Geburt in Katowice in Polen und dem späteren Umzug nach Deutschland. An mehreren Wegkreuzungen musstest du dich entscheiden und weiterschauen wohin der Weg dich führen sollte. Es schien als ob du mit Ausbildung und Studium, und in der Gesellschaft von guten Freunden im Leben angekommen warst. Doch nicht genug, dein innerer Blick ging in eine andere Richtung.
So wie die Sterndeuter ihren Bick nicht vom Stern lassen konnten und von seiner besonderen Erscheinung überzeugt waren, so weckte die Suche nach Stille und gelebtem Glauben auch in dir die Sehnsucht nach dem inneren Remigius zu forschen. Deinem ersten optischen Eindruck folgten viele weitere, neue Eindrücke, die alle ihre Wirkung haben. So ist es nie gleichgültig wohin wir schauen. Denn das Sehen macht uns zu umsichtigen, zu ein- und weitsichtigen Menschen; es lässt erkennen was unser Menschsein nährt, was uns auf einen guten Weg führt, wer wir letztendlich sind um deren Willen der Königssohn selber Kind und damit Mensch geworden ist. Im armseligen Kind offenbart sich sichtbar der unsichtbare Gott. Wie alle Menschen als Säuglinge zur Welt kommen, wird auch Gott in menschlicher Gestalt aus Fleisch und Blut geboren. Der äußerlich-optische Eindruck von der Armseligkeit im Stall lässt uns erschrecken aber zugleich auch freuen weil mit dem Kind Gottes Liebe sichtbar geworden ist, vor der die Sterndeuter niederfallen und sich in ihrer königlichen Sendung als Beschenkte erfahren. Allein deshalb traten sie den Weg an. Deshalb mussten sie auf den Stern schauen um mit eingesehener, tiefer Erkenntnis über sich selbst nach Hause zurückzukehren.
Wer einmal sein ganzes Herz bis zum letzten Tropfen verschwendet hat an den Stern, der hat das Abenteuer seines Lebens schon bestanden, der ist angekommen, auch wenn der Weg noch weiterführt, so fasst Karl Rahner es in seiner Betrachtung von der seligen Reise des gottsuchenden Menschen zusammen.
Lieber Br. Remigius, möge dein Augenlicht und die Augen deines Herzens den menschgewordenen Gott schauen und erkennen lassen in vielen Begegnungen mit uns in der brüderlichen Gemeinschaft und deine Menschwerdung genährt werden von der Einfachheit unseres klösterlichen Lebenswandels, so wie die Sterndeuter Jesus im bescheidenen Stall vorfanden. Was du im Auge hast, das prägt dich, da hinein wirst du verwandelt und kommst wohin du schaust und alles Weitere wird sich fügen. Amen.
Prior Pascal Herold OSB