Evangelium als Anleitung für das kommende Jahr
Predigt von P. Christoph Gerhard OSB an Neujahr.
Liebe Schwestern und Brüder!
Ich wünsche Ihnen ein gutes Jahr 2022 und Gottes Kraft und Segen für alle Tage des neuen Jahres. Ein Wunsch steht am Anfang meiner kurzen Betrachtung für den Jahresanfang. Ein Wunsch, der das Gute verheißt und fördert und der dem Bedrohungen des Lebens wehren will.
Eine kleine Anleitung für das kommende Jahr und unser Leben aus dem Glauben an Jesus Christus, kann uns das heutige Evangelium liefern. Die Vorbilder, die uns Lukas zu allererst mitgibt sind die Hirten. Überraschend genug, denn es sind einfache Leute. Leute von denen nicht erwartet wird, dass sie den Messias verkünden. Aber beim näheren hineinlesen in das Evangelium sind sie mehr als nur idyllischer Zierrad in der Weihnachtsgeschichte.
Zu allererst sind die Hirten Hörende und Sehende. Sie hören auf die Botschaft und folgen der Verkündigung der Engel und eilen nach Betlehem und finden dort Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag.
Der erste Schritt, den uns die Hirten lehren: hören auf die innere Stimme, auf die Engel Gottes, dieser Stimme trauen und sich in Bewegung zu setzen (also das tun, was man gehört hat und es nicht nur bei Appellen an andere zu lassen). Ziel ist das äußere Sehen und die innere Wahrnehmung in Kontakt miteinander zu bringen, um das göttliche Kind in der Krippe ( das meint im ganz gewöhnlichen und vielleicht deshalb Überraschenden) zu finden. Geistlich nennt man das ,,Gott im Alltag entdecken".
Das zweite, was uns von den Hirten im Evangelium erzählt wird: ,,Als sie es sahen, erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war." Die Hirten werden zu Verkündern der weihnachtlichen Botschaft! Sie bringen das zunächst gehörte, dem sie gefolgt sind, mit dem, was sie in Bethlehem gesehen haben zusammen.
Indem sie die innere Stimme der Engel und das Äußere der Krippe zusammenbringen, werden sie sprachfähig zum Geheimnis der Menschwerdung. Sie fassen es in Worte, die von den Menschen, die sie hören auch verstehen. Mit Kopf und Herz können ihnen die Umstehenden zuhören und geraten ins Staunen über die Botschaft von den Hirten.
So geht Verkündigung! Nicht nur für Spezialisten und hochtheologische Studierte, sondern es ist der Weg „einfachen" Leute. Es ist ein Weg der Verkündigung, der für jede und jeden geeignet ist: die innere Erfahrung mit der äußeren Wirklichkeit zusammenbringen und darüber sprechen. Das ist Glaubensverkündigung, die aus dem Herzen kommt und deshalb von den anderen gehört werden kann.
Das dritte, was uns Lukas über die Hirten erzählt, ist: ,,Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für alles, was sie gehört und gesehen hatten." Die Hirten loben Gott in ihren Alltag hinein und der Kreis schließt sich wieder an den Anfang, wo eine lobende Engelschar zu den Hirten gekommen war, um ihnen die frohe Botschaft von der Menschwerdung Gottes zu verkünden.
Ich muss zugeben, ein sehr benediktinischer Weg, der uns da mitgegeben wird! Da geschieht nichts Abgehobenes: die Hirten bleiben Hirten, aber sie sind durch die Erfahrung von Weihnachten verwandelte Menschen geworden: sie loben Gott! Sie lassen sich von der weihnachtlichen Botschaft und der Erfahrung der Menschwerdung Gottes selbst verwandeln. Sie selbst gehen den Weg der Menschwerdung in ihren Alltag hinein.
- Ich wünsche uns, dass wir in den kommenden 365 Tagen des neuen Jahres solche weihnachtlichen Hirtenerfahrungen machen können.
- Dass Engel zu uns kommen und uns darauf hinweisen, wie und wo Gott in unserem Leben zu finden ist.
- Dass wir deren Botschaft trauen können, ihr folgen und auch tatsächlich Gott begegnen im Einfachen, Verletzlichen und Unscheinbaren
- Dass wir selbst zu Verkündern der frohen Botschaft der Menschwerdung Gottes, seiner Nähe und Gegenwart werden
- Und dass wir gestärkt aus dieser Erfahrung unsere Alltag leben können.
Amen.