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Predigten

„Und das Wort ist Fleisch geworden.“

Predigt von P. Meinrad Dufner OSB an Weihnachten 2021.

„Und das Wort ist Fleisch geworden.“ Zuvor hieß es: „das Wort war Gott.“ Also: Gott ist Fleisch geworden.

Liebe Schwestern und Brüder in diesem Glauben, Jetzt habe ich eine Bitte, eine Einladung für einen Moment: Nehmen Sie sich im eigenen Fleisch, körperlich wahr. Das Herz, wie es schlägt…. Den Atem, wie ihn die Lunge auslässt und einlässt…. Nehmen Sie wahr das Gewicht und Ihr Sitzen…. Den Schoß…. Die Füße am Boden….. auch das Alter, oder Krankheit und Schmerz, und jugendliche Kraft, die irgend auch da ist…

Wie können wir von der Fleischwerdung Gottes reden, ohne in uns und an uns zu spüren, wie, was das ist.

Was ist das – Fleisch? Singen wir doch im Credo „et incarnatus est.“ Fleisch ist alles, was ich erlebe, durchlebe, erlebt habe. Es gibt ein Gedächtnis des Leibes. Alles, was ich fühle, meine Angst sitzt im Leib, mein Sehen und Hören, Genuß und Freude – Lust ist im Leib – meine Hingabe, meine dienstfertigen Hände, meine zu Hilfe eilenden Füße, mein Herz, das andern Wohnung gibt, alles ist mir leibhaftig, auch mein Denken und Hirn – alles ist sowas wie Gott es geworden ist im Menschen Jesus, dem Sohn Mariens.

Hat das Folgen? Ja – viele. An meinem Leib hängt die Gottesverwandtschaft. So ließe sich zuerst folgern, wie verkehrt die Leibfeindlichkeit in Religion und Geistesgeschichte ist. Dieser Holzweg hat uns die Verdrängungen und mit ihnen ihre Dunkelwelt beschert. Denn alles, was man hasst oder geringschätzt, holt einen durch die Hintertür des Unbewußten wieder ein.

Die Gottesverwandtschaft im Leib hätte eine lichte Annahme als Leib, eine Zustimmung zur menschlichen Schönheit im Gefolge. Eine Feier des Menschseins geschähe in Zärtlichkeit, Ehrfurcht, Hilfe und Leidensfähigkeit umeinander. Wir streifen das alles im Reden von Liebe.

Wenn die Bibel die Gottesgegenwart schildern will, erzählt sie Erfahrungen von Leiblichkeit. Das Buch Jesaja sagt: „Ein Mahl bereitet der Herr allen Völkern, ein Mahl von fetten Speisen und alten Weinen…Gott der Herr wischt die Tränen ab von jedem Antlitz. Dort wird kein Kind wenige Tage leben, kein Greis wird sein, der seine Tage nicht erfüllt.“ Im Evangelium des Johannes beginnt das Wirken Jesu mit dem Weinwunder anlässlich einer Hochzeit – einer Hochzeit!
Gestern in der 1. Vesper zum Einstieg in das Weihnachtsfest hieß es: „Wenn die Sonne am Himmel aufgegangen ist, werdet ihr schauen den König der Könige, der hervorgeht aus dem Vater, „wie ein Bräutigam aus dem Gemach tritt.“ (Ps 19.6) Wieder ein durch und durch leibvolles Bild.
Bei einer christlichen Beerdigung wird gesungen: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, meine Augen werden ihn schauen. Schauen werde ich Gott in meinem Fleische.“ (Hiob 19) und mein Leib im Sarg wird beweihräuchert mit den Worten: „Dein Leib war Gottes Tempel.“

Aber nicht nur mein Leib. Alle Schöpfung. Weihnachten ist ein zutiefst ökologisches Fest, weil alles Leben geheimnisvoll – mehr als wir wissenschaftlich erkennen – in Gottes Wollen gründet.
Als Teilhard de Chardin SJ mit seiner Expedition in der Wüste Gobi weder Altar noch Brot noch Wein zur Messe hatte, schrieb er das wunderbare Gebet von der „Messe über der Welt.“
Zur Gabenbereitung: „Ich lege auf meine Patene, mein Gott, die erwartete Ernte dieses neuen Bemühens. Ich gieße in meinen Kelch den Saft all der Früchte, die heute zermalmt werden….Alles, was im Lauf dieses Tages in der Welt zunehmen, alles, was abnehmen – und alles, was sterben wird – siehe Herr, ich bemühe mich, es zu versammeln, um es Dir darzubringen. Die Wandlung: „Über alles Leben, das an diesem Tag keimen, wachsen, blühen und reifen wird, sage neu: „Dies ist mein Leib.“ Und über allen Tod befiehl – das Geheimnis des Glaubens „Das ist mein Blut.“ Und Kommunion: „Wie der Heide bete ich einen greifbaren Gott an. Ich berühre ihn sogar, diesen Gott, durch die ganze Oberfläche und die ganze Tiefe der Welt.“

Zum Schluss: Ich kehre zu mir – meiner Leiblichkeit – kehren Sie in die Gestalt, die Sie jetzt sind, in Ihren Leib, in Ihr Fühlen, und was es denkt - in meinen Leib, in mein Fleisch als Leib: das ist der Ort/die Art meiner Verwandlung. Darin ist die volle Fülle meiner Gottesverwandtschaft.

Gott nahm Fleisch an und wurde Mensch.