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Wie politisch darf man als Christ sein?

Bericht – „Seid laut!“ – Hochschulpfarrer Burkhard Hose fordert in seinem Buch ein politisch engagiertes Christentum. Bei seiner Buchvorstellung im Würzburger Burkardushaus benannte er seine Gründe – und die sind sogar biblischen Ursprungs.

Burkhard Hose, Pfarrer der Katholischen Hochschulgemeinde in Würzburg (KHG), hat am Dienstag sein Buch „Seid laut! Für ein politisch engagiertes Christentum“ im Würzburger Burkardushaus vorgestellt. Im ausverkauften Saal erklärte er im Gespräch mit Publizistin Beatrice von Weizsäcker, unter anderem Mitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages, dass Politik und Religion sich nicht ausschließen. Im Gegenteil: Die Propheten Amos und Hosea wären gegen die Missstände der damaligen Gesellschaft aufgestanden. Bereits in seiner Zeit im Priesterseminar seien sie große Vorbilder für ihn gewesen: „Sie haben gezeigt: Politik und Religion können nicht getrennt voneinander gesehen werden.“

Mit dieser Haltung eckt Hose durchaus an. Er tritt für Flüchtlinge ein, nimmt an Demonstrationen teil, initiierte einen „Offenen Brief“ gegen den Kreuzerlass von Markus Söder in Bayern. Von Weizsäcker las Facebook-Kommentare vor, die auf seiner Seite zu finden sind. Von Beschimpfungen bis hin zu Todeswünschen ist beinahe alles vertreten. Wie er damit umgehe? „Diese Kommentare machen mir keine Angst. Zumindest nicht für mich. Ich habe eher Angst um die Menschen, um die es dabei noch geht“, antwortete der Hochschulpfarrer. Die Ängste der „Hasskommentatoren“ seien sehr diffus, meist hätten sie nie persönlichen Kontakt zu Geflüchteten gehabt.

Die Geflüchteten würden sichtbar machen, dass die Ordnung gerade im Umbruch sei. Bestimmte Gesellschaftsgruppen hätten Privilegien – aber auf wessen Kosten? Die anderen, und das seien die, die solche Hassparolen verbreiten, fühlten sich sowieso benachteiligt. Es käme gerade gegenüber Geflüchteten zu vermehrtem „Sozialneid“, wenn diese etwa sehen, dass es beim Arbeitsamt unterschiedliche Warteschlangen gäbe.

Versachlichung statt Populismus

Hose forderte weiter eine verbale Abrüstung – vor allem in der Politik. Die Sprache würde bestimmte Ressentiments schüren. Doch mit Sprache könne auch Gutes erreicht werden, das zeige das Beispiel der Propheten. Insgesamt müsse sich Deutschland von der Wohlstandsideologie verabschieden. Man glaube, ein Recht auf Wohlstand zu haben und fixiere sich auf den eigenen Reichtum. Das gehe auf Kosten von anderen und schaffe Fluchtursachen. Die ökologische Frage sei in diesem Zusammenhang auch wichtig. Und gerade da könnten und müssten die Christen mitreden.

Mitreden, laut sein, sich engagieren – bei Hose käme das vor allem aus einer Wut heraus. Diese sei für ihn wichtig. Wut allein könne zwar keine positive Quelle sein, aber kanalisiert wirke sie als Ansporn. Die Aufgabe von Christen sei es, auf die Straße zu gehen. Für die Würde des Menschen, die im Grundgesetz unantastbar verankert ist, einzustehen. In seinem Buch erzählt er von Carolin, einer Studentin, die genau das gemacht hat. Ein „Heiliger Moment“ für ihn.

Seit dem ersten Semester kennt er sie, schreibt Hose in seinem Buch. Schon immer habe sich Carolin für andere Menschen engagiert, innerhalb der KHG, ab Sommer 2015 auch in der Flüchtlingshilfe. Und plötzlich passierte das nicht mehr im kleinen Kreis, sondern auf einer Mahnwache gegen Abschiebeflüge nach Afghanistan. Carolin hält Plädoyer für das Bleiberecht. „Ich habe in dieser Situation so etwas wahrgenommen wie die Besonderheit des Augenblicks: der bewusste Schritt aus dem persönlichen Engagement in den öffentlichen politischen Raum“, las er vor.

Vieles im Buch des Hochschulpfarrers ist von persönlichen Erfahrungen geprägt. Doch Carolin kommt eine besondere Rolle zu. Ein Problem für sie? „Nein. Das ist das, wofür ich eintrete. Und gerade heute ist das wichtig“, erzählte sie nach der Buchvorstellung im Hof. Völlig selbstverständlich für sie. Überlegen musste sie deshalb nicht, ob ihr Name genannt werden darf. Ein bisschen aufgeregt sei sie allerdings gewesen, gab sie zu. Doch zu schweigen sei keine Alternative. Irgendwie und irgendwo müsse man ja anfangen. Sie sei kein Mensch, der einfach zuschauen könne.

Einfach zusehen kann auch Burkhard Hose nicht. Er wird sich auch weiter einsetzen. Aller Kritik und allen Hasskommentaren zum Trotz. Laut sein. Die Stimme erheben. Für die Würde der Menschen einstehen: „Wir können zwar die Grenzen dicht machen, wir können die Menschen im Mittelmeer ersaufen lassen, aber sie werden kommen.“

Über den Autor

Burkhard Hose wurde 1967 geboren und 1994 in Würzburg zum Priester geweiht. Seit 2008 leitet er die Würzburger KHG. 2014 wurde er mit dem Würzburger Friedenspreis ausgezeichnet. Im April 2018 bekam er deutschlandweise Aufmerksamkeit als er einen „Offenen Brief“ gegen den Kreuzerlass von Ministerpräsident Markus Söder formulierte und via Facebook teilte. Sein Buch „Seid laut!“ ist über den Vier-Türme-Verlag der Abtei Münsterschwarzach erschienen.