Vom Eisenhammer zur Druckmaschine: ERASMUS-Projekt am EGM gestartet
Allen Brexit-Unsicherheiten zum Trotz hat sich das Egbert-Gymnasium erneut auf ein ERASMUS-Projekt mit einer Partnerschule aus Großbritannien, Ampleforth College nahe York, und einer Schule aus der Republik Irland, Glenstal Abbey School nahe Limerick, eingelassen. In dem auf zwei Jahre angelegten Projekt haben sich die Schülerinnen und Schüler vorgenommen, gemeinsam die Auswirkungen der industriellen Revolution auf die Regionen und Länder, in denen sich die Schulen befinden, unter die Lupe zu nehmen. Zu einem ersten einwöchigen Arbeitstreffen trafen nun alle beteiligten Gruppen in Münsterschwarzach aufeinander und organisierten sich in 6 unterschiedlichen Arbeitsgruppen, um das Thema zu bearbeiten.
Ein Besuch in der Ausstellung zur Werksgeschichte von Fichtel und Sachs, heute ZF in Schweinfurt bildete den Auftakt der Arbeitswoche. Nicht nur die Entwicklung vom einfachen Fahrrad bis zum hochkomplexen Formel 1-Fahrzeug, sondern auch die ständige Bewegung in der Arbeitswelt, das engagierte Eintreten für mehr Arbeiterrechte oder auch der Einfluss politischer Entwicklungen auf Produkte und Produktionsabläufe konnten in der Ausstellung vermittelt werden.
Eine zweite Exkursion führte die Schüler der drei Schulen ins idyllische Haslach-Tal, wo der kleine Fluss sowie die Verfügbarkeit von Energie in Form von Holz aus dem Spessart den Ausschlag für die Ansiedlung von Industriebetrieben gaben: Kurtz Ersa, heute ein hochmoderner Betrieb mit Maschinenbau, Giesserei und Platinenherstellung, geht auf den mit Wasserkraft betriebenen Eisenhammer zurück, mit dem seit dem 18. Jahrhundert Werkstücke, darunter vor allem Glockenklöppel, bearbeitet werden. Niemand der beteiligten Schülerinnen und Schüler hätte geahnt, wie teuer der massive Eichenstamm, der den Hammer mit einer Schlagkraft von einer Tonne antreibt, ist: das wären heute umgerechnet 50-60.000 Euro. Schichtarbeit war für die Schmiede, die direkt im Schmiedehaus auch ihr Quartier hatten, Alltag, denn der Hammer und das Schmiedefeuer machten keine Pause. Nach fünf Stunden Arbeit hatte die dreiköpfige Schmiedemannschaft eine vierstündige Pause, um dann wieder die aktive Schicht abzulösen und den Hammer weiter zu betreiben.
Ein weiterer Traditionsbetrieb der Region, der zudem auch eng mit der Abtei Münsterschwarzach zusammenhängt, ist der Druckmaschinenhersteller König und Bauer in Zell bei Würzburg. Die Firma unterhielt nach der Säkularisation im Mühlenbau auf dem Gelände der Abtei eine Papiermühle. Alle Teile der Produktion, von der Giesserei bis zum imposanten Hochregallager, das heute computergesteuert ein System der sogenannten „chaotischen Lagerung“ zeigt, konnten besichtigt werden. Die enge Verbindung der Anfänge von König und Bauer nach England, wo die ersten Maschinen entstanden sind, war für die Gäste aus Ampleforth von ganz besonderem Interesse. Beeindruckend war zudem auch hier, dass nach der Säkularisation zunächst die Produktion in der Kirche des Oberzeller Klosters angesiedelt war, wo unter anderem der Altar kurzerhand einem Durchbruch nach außen weichen musste, um die Transportwege der schweren Maschinen zu erleichtern. Der Kreis dieser Besichtigung endete mit einem Besuch des Friedhofes im Kloster Oberzell, auf dem die Gründer und ihre verstorbenen Nachfahren begraben sind.
Nach dieser ereignisreichen Woche, in denen die Schüler sich auch alle für eine der gemischten Arbeitsgruppen entscheiden mussten, freuen sich alle bereits auf die nächste Begegnung, die Ende März im englischen Ampleforth stattfinden wird, just zum Zeitpunkt des EU-Austritts Großbritanniens. Die Förderung des Projekts durch die EU bleibt allerdings bis zum Ende in eineinhalb Jahren sichergestellt. Zudem kam die Wertschätzung für das Projekt, das regionale Geschichte und ihre europäischen Auswirkungen untersucht, auch durch eine Förderung des Lions-Club Kitzingen zum Ausdruck.
Von Dr. Matthias Hessenauer (EGM)