„Straße des Menschenhandels“
Sandhügel, mit Schmutzwasser gefüllte Tümpel, kein Baum weit und breit. Einst stand in der Gegend um Puerto Maldonado in Peru üppiger Regenwald. Aber Goldsucher haben in den letzten zwanzig Jahren weite Teile der Region um die 50 000-Einwohner-Stadt in einen „Ort des Unrechts“ verwandelt, berichtet Jano Vasquez-Kellhammer von unserer peruanischen Partnerorganisation Inti Raymi. Am Freitag macht dort Papst Franziskus für einen halben Tag Station auf seiner Südamerika-Reise, um sich selbst ein Bild von der Lage zu verschaffen.
„Es sieht aus wie eine Mondlandschaft“, erzählt Vasquez-Kellhammer weiter. Schuld daran sind die Goldsucher und die mafiösen Strukturen in ihren Lagern, die nicht nur die Natur rücksichtslos zerstören, sondern auch viele Menschen. Denn in den Siedlungen der geschätzt 30 000 Goldgräber sind nach seinen Worten Kinderarbeit, Schmuggel, Prostitution, ja sogar Sklaverei an der Tagesordnung, Korruption hat das Gesetz weitgehend außer Kraft gesetzt. Das hat sogar die Regierung im fernen Lima zugegeben, heißt es doch in einer Studie des peruanischen Umweltministeriums: „Die unkontrollierten Aktivitäten der Minenarbeiter haben zu einer Unregierbarkeit der Region geführt.“
Inzwischen sollen rund 80 000 Hektar Regenwald abgeholzt worden sein. Dazu kommt, dass das Gold mit Quecksilber gebunden wird, wodurch das Wasser verseucht wird. 3000 Tonnen des hochgiftigen Metalls sollen bisher ins Wasser gelangt sein. „Etwa 70 bis 80 Prozent der Fische sind verseucht“, sagt Vasquez-Kellhammer. Wer die Fische isst oder das Wasser trinkt, wird unweigerlich krank. Zähne, Rückenmark, Gehirn, innere Organe oder das Blut werden geschädigt, Kinder kommen mit Behinderungen zur Welt.
Inti Raymi engagiert sich seit vielen Jahren für die indianische Bevölkerung in der Gegend um den Hochandenort Tinki. Und zwischen Tinki und Puerto Maldonado gibt es eine unheilvolle Route, die die Einheimischen die „Straße des Menschenhandels“ nennen. Die Rede ist von einem Teilstück der Transoceánica, die die peruanische Küste mit Brasilien verbindet und an der auch Tinki und Puerto Maldonado liegen. Über sie läuft der illegale Goldhandel und über sie kommen immer wieder Werber aus Puerto Maldonado nach Tinki, die vor allem junge Leute in die Goldminen locken. Und die Versuchung ist groß. „Viele Menschen aus Tinki haben versucht, in Puerto Maldonado ihr Glück zu machen“, berichtet Jano. Doch nicht selten sind sie in ihr Unglück gelaufen.
Im Rahmen des Gesundheitsprojekts, das Inti Raymi vor einigen Jahren gestartet hat, versuchen Vasquez-Kellhammer und sein Team die Kinder nicht nur über Zahnpflege und Hygienemaßnahmen aufzuklären, sondern die Eltern und Jugendlichen auch auf die Gefahren hinzuweisen, die in Puerto Maldonado lauern. Doch Tinki ist der nächstgelegene größere Ort und die Goldgräber brauchen willige und rechtlose Arbeitskräfte, die sie oft unter der indianischen Bevölkerung aus der Region Tinki finden.
Besonders leichtes Spiel haben sie dabei bei Heranwachsenden, wenn sie keine Papiere haben. Und das ist in der indianischen Bevölkerung eher der Regel als der Ausnahmefall. „Wir haben im Rahmen unserer Gesundheitsaktion über 1000 Kinder registriert und ihnen Papiere ausgestellt“, berichtet Vasquez-Kellhammer. Nur mit diesem Ausweis haben sie Anrecht auf staatliche Gesundheitsversorgung und können später ihre Bürgerrechte wahrnehmen. Jano: „Ohne Papiere bist du in Peru ein Niemand.“ Und somit ein leichtes Opfer für die Goldgräber-Mafia.
Neben Puerto Maldonado ist auch der Norden Perus Ziel der Reise von Papst Franziskus. Er besucht dort die Regionen, die von den heftigen Regenfällen und Überschwemmungen vor rund einem Jahr besonders betroffen waren wie etwa die Stadt Prujillo, wo allein 100 Menschen in den Fluten umkamen. Auch in dieser Region hat sich Inti Raymi unmittelbar nach der Katastrophe mit Hilfsmaßnahmen vor allem für die Menschen in dem Handwerkerort Chulucanas engagiert, denen als Sofortmaßnahmen sauberes Trinkwasser, Lebensmittel, Kleidung und Blechdächer zur Verfügung gestellt wurden.