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„Liturgie darf uns an die Grenzen bringen“

Vortrag von Abt Michael Reepen beim Oasentag für Priester und Diakone über „Das Leben als Liturgie – die Liturgie als Leben“ – „In der Schöpfung ist Freude angelegt, und wir dürfen uns mitfreuen“

Die enge Verbindung von Schöpfung und Liturgie hat Abt Michael Reepen am Montag, 10. April, in der Würzburger Seminarkirche Sankt Michael in den Blick genommen. Im Rahmen des Oasentags für Priester, Diakone und Priesteramtskandidaten der Diözese Würzburg sprach er zum Thema „In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir. Das Leben als Liturgie – die Liturgie als Leben“. Als Inspiration diente ihm nach eigenen Worten eine Auszeit am anderen Ende der Welt – in Neuseeland. „Ich möchte meine Erfahrungen mit den Grundbewegungen des Lebens, des geistlichen Lebens und der Liturgie teilen.“ Am Beispiel seiner Erlebnisse in der Natur berichtete Reepen von der Kraft, die in Grenzerfahrungen liegt, wie auch von der tiefen spirituellen Wirkung der Wiederholung. „Wir müssen die Liturgie nicht immer neu erfinden“, sagte er.

Einen Sonnenaufgang in Neuseeland mit all seiner überwältigenden Farbenpracht wählte Reepen als Einstieg. „Jeden Morgen bin ich umhüllt von Seiner Schöpfung. Welch ein grandioses Schauspiel, und ich bin mittendrin“, beschrieb er seine Eindrücke. Während seiner Auszeit sei er mit der Sonne aufgestanden und zu Bett gegangen und habe nachts in den sternenübersäten Himmel geblickt. „Der ganze Tag und die ganze Nacht sind Liturgie“, sagte er. Am Ende der Karwoche, wenn die Osterkerze entzündet wird und das Exsultet erklingt, werde die Nacht hell wie der Tag. „Die Osterkerze leuchtet bis zum Morgenstern, der nicht untergeht – Jesus Christus.“

In der stillen Kraft der Berge und dem immerwährenden Rauschen des Meeres entdeckte Reepen Parallelen zur Liturgie. Bei einer Bergwanderung sei nach einem schier unendlichen Anstieg plötzlich Mount Cook vor ihm gestanden. „Es war einfach nur Staunen. Da empfängt einen eine große Stille, die wie aus der Ewigkeit kommt. Stille, welch ein wichtiges Element in der Liturgie.“ Es sei erstaunlich, wenn es in einer vollen Kirche plötzlich mucksmäuschenstill werde, sagte Reepen. Doch inmitten der Stille könne es geschehen, dass man den Berg plötzlich hört. „Im Psalm hüpfen die Berge und freuen sich. In der Schöpfung ist Freude angelegt, sie ist zutiefst erfüllt mit Freude. Wir Menschen dürfen solche Erfahrungen machen und uns mitfreuen“, fuhr er fort. Die Liturgie führe die Menschen aber auch – ähnlich wie einen Bergsteiger – an ihre Grenzen. Als Beispiel führte er die mehrstündigen Psalmgesänge im Kloster an. „Man kann den Teilnehmern auch etwas zumuten, etwa eine lange Karfreitagsliturgie oder die Osternacht. Liturgie darf uns schon an die Grenzen bringen.“

Energie und Kraft fand Reepen auch im Tosen und Schäumen des Meeres. „Man schaut bis zum Horizont und darüber hinaus bis zum Unendlichen. Es ist ein ewiges Rauschen seit Beginn der Schöpfung, aber es liegt auch eine große Ruhe in der Bewegung.“ Es habe ihn an die Psalmen erinnert – „immer gleich und doch neu“. Diese Art der Wiederholung sei auch ein wichtiges Grundelement des geistigen Lebens, erklärte Reepen. „Die Liturgie lebt in der Wiederholung, sie lebt im Kirchenjahr und seinen Festen, seinen Ritualen. Die Wiederholung führt die Menschen in die Tiefe. In Riten fühlt die Seele sich wohl.“ Der Kopf wolle immer etwas Neues, aber das Herz wolle immer dasselbe. „Darin liegt die heilende Kraft der Liturgie: Wir müssen sie nicht immer neu erfinden.“

Einen starken Eindruck habe auch eine Höhlenwanderung hinterlassen. Durch einen engen Eingang habe der Weg zu einem unterirdischen Wasserfall und in einen Felsendom geführt. „Es war stockdunkel. Über uns leuchteten Abertausende von Glühwürmchen. Es wirkte ganz unwirklich.“ Es habe ihn an die Grabeshöhle erinnert, den Ort der Verwandlung. „Es geht immer um Wandlung und Verwandlung durch den Tod zur Auferstehung. Wir müssen uns einfach dem Ritus überlassen. Wir haben eine leibhaftige Religion, einen Ritus zum Anfassen, der den ganzen Menschen einbezieht“, schilderte Reepen seine Gedanken.

Zuletzt schlug Reepen den Bogen zur Weihe der heiligen Öle. „Wir salben, um zu schützen, zu reinigen, zu heilen, zu heiligen“, sagte er. Bei einer Ayurveda-Behandlung habe er die „tiefe heilende und stärkende Wirkung“ des Salbens erfahren. Man gehe in der Liturgie oft sehr sparsam mit Öl um. Dabei sei jede Salbung eine sehr intime Zuwendung zum Menschen, betonte der Abt.

Zu Beginn des Oasentags hieß Bischof Dr. Friedhelm Hofmann die Priester, Diakone und Priesteramtskandidaten willkommen. An diesem Tag zu Beginn der Karwoche wolle man miteinander innerlich zur Ruhe kommen. „Liturgie ist das Herzstück der Kirche. Sie gilt es mit größtmöglicher Hingabe zu feiern“, sagte er.

sti (Pressestelle des Ordinariats Würzburg)