Auszeit im Kloster – auch für Ordensleute

Ein Gespräch mit Abt Maximilian aus Österreich über Klosterverbindungen, Urlaub und die Corona-Pandemie.
Urlaub im Kloster ist bei immer mehr Menschen seit Jahren beliebt. Ruhe, Erholung und eine ganz besondere Auszeit wird oft als Grund angegeben. Aber auch Ordensleute selbst machen gerne Urlaub in anderen Klöstern. Einer, der seit Jahren immer wieder nach Münsterschwarzach kommt, ist Abt Maximilian Neulinger OSB aus dem Stift Lambach. Im Gespräch erzählt er, warum und auch, wie er in seinem Kloster in Österreich die Corona-Pandemie erlebt hat.
Frage: Abt Maximilian, Sie sind seit ein paar Jahren regelmäßig in Münsterschwarzach für Ihren Urlaub. Warum gerade hier?
Abt Maximilian: Unsere beiden Klöster, mein Heimatkloster das Stift Lambach und die Abtei Münsterschwarzach, sind durch die Historie eng miteinander verbunden. Der heilige Adalbero, Bischof von Würzburg, hat im Jahr 1056 die Burg Lambach von einer weltlichen Stiftung in ein Kloster umgewandelt und mit Mönchen aus Münsterschwarzach besiedelt. Er setzte auch den seligen Egbert von Münsterschwarzach, der seit 1047 Abt in Münsterschwarzach war, dort als Abt ein. So ist die grundsätzliche Verbindung zwischen dem Stift Lambach und Münsterschwarzach – wir sind also eine Tochter der Abtei hier.
Frage: Münsterschwarzach war ja im Zuge der Säkularisierung aufgelöst. Wie wurde die Verbindung dann wieder reaktiviert?
Abt Maximilian: Ziemlich am Anfang. Zur Kirchweihe in den 30er Jahren war einer meiner Vorgänger hier. In den Jahren um 56 waren drei Mönche aus Münsterschwarzach in Lambach tätig, einer von ihnen war Br. Raphael. Diese haben uns ein paar Jahre unterstützt, weil wir zu dieser Zeit nicht viele Mönche dort waren. Ich selbst war seit meiner Anfangszeit im Kloster immer wieder hier in Münsterschwarzach. Da sind natürlich auch Freundschaften gewachsen. Und nach meiner Abtswahl 2008 bin ich erst mal für einige Zeit hier hergefahren, damit ich mich innerlich ordnen kann. P. Fidelis hatte mich damals begleitet. Und seitdem bin ich eigentlich immer eine Woche im Urlaub hier.
Frage: Warum machen Sie als Mönch gerade in einem Kloster Urlaub?
Abt Maximilian: Ich muss sagen, dass ich da ganz pragmatisch bin. Ich muss nichts organisieren und finde hier eine Struktur vor, in der ich gut lebe. Abenteuer hatte ich genug in meinem Leben vor dem Klostereintritt, ich muss da nichts Neues erleben. Nur einen Traum habe ich: Einmal möchte ich nach New York mit dem Schiff und da den Weg eines Mitbruders nachgehen, der 1852 als Seelsorger ausgewandert ist.
Frage: Aber wie unterscheidet sich der normale Alltag dann von einem Urlaub?
Abt Maximilian: Schon deutlich. Ich gehe natürlich in die Morgenhore zum Gebet und zu den anderen Stundengebetszeiten. Aber tagsüber gehe ich spazieren, lese, ruhe mich aus. Das ist für mich auch eine Zeit, wo ich richtig abschalten kann. Hier kann ich mein Klosterleben leben, wie ich es zuhause oft nicht kann. Hier kann ich einfach mitlaufen, ohne Termine, ohne Stress – auch wenn ich wirklich gern arbeite. Und natürlich ist es auch bequem: Ich muss einfach nur Abt Michael anrufen und sagen, wann ich komme.
Frage: Auch zu ihm haben Sie ja eine besondere Verbindung – zu seiner Abtswahl gab es ja ein interessantes Geschenk aus den Stift Lambach.
Abt Maximilian: 2006 haben wir 950 Jahre Stift Lambach gefeiert und die ganze Gemeinschaft war zu Exerzitien in Münsterschwarzach. Da haben wir uns auch noch einmal neu senden lassen. Von der Mutterabtei wieder nach Hause nach Lambach. Da haben wir unser historisches Bewusstsein tatsächlich auch noch einmal geschärft. Und zur Abtsweihe von Abt Michael kam uns dann die Idee, ihm eine Buntsandsteinsäule aus unserer ersten Klosterkirche zu "schenken" – da diese historisch wichtig ist, ist es "nur" eine Leihgabe, mittlerweile eine Dauerleihgabe. Der Gedanke dahinter: Wir bringen ein Stück wieder zurück als äußeres Zeichen der Verbundenheit. Und auch ich persönlich habe so ein äußeres Zeichen.
Frage: Inwiefern?
Abt Maximilian: Mein Abtskreuz ist nicht nur in der Klostergoldschmide hier gefertigt, sondern das Holz, das da verarbeitet wurde, ist ebenfalls historisches Holz aus einem alten Kirchenbau in Münsterschwarzach.
Frage: Eine ganz andere Frage: wie unterscheidet sich das Ordensleben in Österreich von dem in Deutschland? Gibt es da markante Unterschiede?
Abt Maximilian: Wir waren im Gegensatz zu Deutschland nie aufgehoben gewesen und haben einen entsprechenden "Ballast" mit uns herumzutragen. Das sind natürlich neben der Tradition und der Spiritualität auch materielle Güter wie Immobilien oder bestimmte Aufgaben. Insgesamt haben wir in den vergangenen Jahren das Zusammenarbeiten mit den anderen Klöstern mehr gelernt. Wir haben viele gemeinsame Fragen und Anliegen, die wir auch gegenüber dem Staat vertreten müssen. Auch haben wir noch das alte Recht, wo eine Pfarrei eindeutig einem Kloster zugeordnet ist. Wir haben also das Recht und die Pflicht einen Pfarrer zu benennen. Natürlich sind in kleiner werdenden Gemeinschaften diese Pfarreien eine Belastung, andererseits aber auch unser "Rückland".
Frage: Was meinen Sie damit?
Abt Maximilian: Ein Viertel der Pfarreien in unserer Diözese sind Klöstern zugeordnet. Auch mit Blick auf Nachwuchs sind die Pfarreien in einem konzentrischen Kreis rund um das Kloster. Wir selbst haben vier Klosterpfarreien und sind dort entsprechen präsent. Wir sind immer da. Und die Menschen kommen auch zu uns ins Kloster, das haben wir auch durch Corona gemerkt.
Frage: Wie war in Österreich die Situation mit Corona?
Abt Maximilian: Wir waren nie so eingeschränkt wie in Deutschland. Und wir haben versucht, alternativ präsent zu sein. Ich bin selbst Pfarrer bei uns im Ort und war viel spazieren, wo ich mit den Menschen ins Gespräch gekommen bin, habe auch Postkarten geschrieben und verteilt. Es gab Zeiten, da waren nur Gottesdienste für zehn Personen erlaubt – dann haben wir halt an einem Sonntag 15 Gottesdienste gefeiert. Von Eucharistie bis Andacht bei den Wegkreuzen und kleinen Kapellen bei uns. Das lief alles mit Voranmeldung und die Menschen waren da. Aber Liturgie ist nicht gleich Seelsorge. Gespräche und Telefonate liefen natürlich zusätzlich.
Frage: Was nehmen Sie persönlich aus dieser Zeit mit?
Abt Maximilian: Ich glaube, Corona hat uns ganz viel an Sicherheit genommen. Das kann eine Pandemie gewaltig aus den Angeln heben. Und es hat uns aufgezeigt, ob diese Fundamente, die wir haben, im Glauben, in der Gottesbeziehung, aber auch zu anderen Menschen, ob das auch trägt. Und vielleicht machen wir auch die Erfahrung, was auch nicht wesentlich ist. Was passiert, wenn die Gottesdienste zum Beispiel weg sind als Gemeinschaftserfahrung? Ist das verwurzelt oder abhängig von eben dieser Sicherheit? Ich würde das sogar als Test sehen. So wie die Banken im Stresstest geprüft werden ist auch unser Glaube durchgetestet worden. Und nun liegt es an uns zu schauen, wie wir damit umgehen.