Tausche Briefmarken gegen Schulbildung
Warum er sammelt? Guido Wandel weiß es noch genau: Vor 40 Jahren hat er im Sperrmüll nach Fahrradteilen gestöbert. Da war er acht. Und dabei hat er Briefe aus dem Kaiserreich gefunden. Seither ist er fasziniert davon, wie Geschichte lebendig wird in Briefmarken aus längst vergangenen Zeiten.
Warum er Briefmarkensammlungen für Münsterschwarzach aufbereitet und meistbietend an Sammler bringt? Im Ehrenamt? „Ich hab’ mein Leben zwei Mal geschenkt bekommen, nach zwei schweren Unfällen“, erzählt er. „Da gibt man dann etwas zurück.“ Guido Wandel gibt seine Zeit. Zeit, in der er sorgsam Marke für Marke und Album für Album prüft, sortiert und wieder in den Sammlerkreislauf bringt.
Für die Abtei, für die Sammler, für Menschen in Not, für alle Beteiligten ist das ja eine rundum positive Aktion: Menschen erben eine Briefmarkensammlung (oder alten Schmuck) und können selber nichts damit anfangen. Dann bringen sie das, was einmal ein großer Schatz für jemanden war, ins Kloster. „Für einen guten Zweck!“, sagen sie. Und im Kloster macht man wieder einen Schatz daraus: Indem die Erbstücke kompetent an den Mann und an die Frau gebracht werden, die eben genau danach auf der Suche sind. Die Erlöse gehen direkt in unsere Missionsprojekte: Krankenstationen, Schulen, Werkstätten. Weil Gesundheit und Bildung Voraussetzung sind für eine positive Entwicklung Afrikas.
Das funktioniert nun seit Jahrzehnten. Ohne großes Aufsehen, aber wirkungsvoll. So konnte in jüngster Zeit mit dem Erlös 80 Aidswaisen in Tororo in Uganda die Schulausbildung vollständig finanziert werden.
Lange Zeit hat Willi Kempchen diese wertvolle Arbeit für die Abtei geleistet. Zu Recht hat er 2016 dafür die Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland dafür erhalten. Mit 80 Jahren war er nun gesundheitlich nicht mehr dazu in der Lage. Dass nun Guido Wandel die Aufgabe übernommen hat, ist ein Glücksfall für die Abtei und ihre Spender – und für die Projektarbeit der Abtei in Afrika.
Dass er nicht das modernste Hobby hat, weiß Guido Wandel selber. „Mit 48 Jahren gehört man zur Jugendgruppe“, vermerkt er lakonisch. Entscheidend ist: Es gibt sie noch, die Philatelisten, die mit Lupe und Katalog in ferne Welten eintauchen oder nach Raritäten suchen. Oder eben längst Vergangenes wiedererstehen lassen. „Ich habe beim Sammeln mehr gelernt als in der Schule im Geschichtsunterricht“, stellt Wandel fest.
Allen, die eine Briefmarkensammlung geerbt haben, rät er: „Als erstes geht man zu einem renommierten Verein, zu dem man Vertrauen hat. Dort kann man das sichten lassen. Professionelle Händler können meist nicht viel dafür geben, weil die ja davon leben müssen.“ Wendels Verein in der Nähe von Aachen hat Kontakte zu den Niederlanden, Belgien und in ganz Nordrhein-Westfalen. Nur so findet man dann auch für jede Marke jemanden, der genau danach sucht. Und dann auch dafür zu bezahlen bereit ist.
Wobei auch klar ist, „dass immer auch mal Ramsch dabei ist“, so Wendel. Das ist ja genau seine Aufgabe für Münsterschwarzach: Die Spreu vom Weizen zu trennen und darauf zu achten, dass nichts verloren geht, was noch jemandem dienen kann. Für manche mag das anstrengend klingen. Guido Wandel geht in dieser Aufgabe auf. Der Computerfachmann zieht sich dann in seinen Hobbyraum zurück und vertieft sich in neue Lieferungen. „Ich hab’ ja einen Tinnitus“, erzählt er. „Aber wenn ich mich auf meine Marken konzentriere, dann klappt der weg und ich hab’ keine Probleme mehr damit.“
Br. Stephan Veith