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Aktuelles Mission

Interview mit dem Chefarzt in Peramiho

Nachricht – Dr. Venance Mushi ist Chefarzt der Klinik der Abtei Peramiho in Tansania. Im Interview spricht er über die Freude über die Unterstützung, die seiner Klinik zu Teil wird.

Frage: Dr. Mushi, welchen Stellenwert hat Dankbarkeit in der tansanischen Gesellschaft­?

Dr. Mushi: Dankbarkeit ist dort etwas sehr Wichtiges. Wenn wir etwas für jemanden tun oder uns jemand etwas Gutes tut, wird es als Privileg gesehen. Und als etwas, was von Gott geschenkt wurde. Immer, wenn man dankbar ist und zu schätzen weiß, was andere für einen tun, ermutigt man den anderen, der für einen da war. Man ermutigt ihn, weil man ihm zu erkennen gibt, dass er mit seiner Hilfe eine Verbesserung im Leben des anderen bewirkt hat. Man ermutigt die Menschen, sich gegenseitig zu helfen.

Frage: Wird das als Pflicht empfunden? Als natürliches Gefühl?

Dr. Mushi: Das kommt immer auf die einzelne Person an. Ich glaube, dass Dankbarkeit ein Wert ist, der mehr oder weniger angeboren ist. Andere sind in unserer Gesellschaft damit sozialisiert worden. Ich glaube aber, dass es natürlich ist. Die Menschen lernen von Kind auf, dass sie dankbar sein müssen, von ihren Eltern und von der Gesellschaft. Aber es gibt auch andere, die nicht das Glück hatten, so aufgewachsen zu sein. Sie haben ein hartes Leben geführt, haben keine Liebe erfahren und so auch keine Menschen, die ihnen etwas Gutes getan hätten. Diese Menschen sind vielleicht nicht so dankbar.

Frage: Welche Erfahrungen machen Sie als Arzt mit dem Thema Dankbarkeit?

Dr. Mushi: Arzt in Tansania zu sein ist sehr erfüllend. Die Menschen kommen, haben gesundheitliche Probleme und suchen Hilfe. Natürlich müssen sie auch dafür bezahlen. Dennoch merken sie, dass jemand ihnen etwas Gutes tut und sind immer dankbar. Das gibt meinem Leben Sinn, den Sinn, für andere nützlich zu sein. Mein Leben wäre ohne diese Erfahrungen nicht so wertvoll.

Frage: Manche Patienten können nicht für ihre Behandlung bezahlen. Andere müssen bezahlen. Ist das schwierig zu entscheiden?

Dr. Mushi: Es ist eine grausame Aufgabe. Normalerweise kann man da keine Entscheidung treffen. Niemand kann bei Menschen aufgrund ihres Aussehens ihre ökonomische Situation beurteilen. Normalerweise möchten die Menschen auch etwas zurückgeben, auch wenn sie selbst nicht viel haben. Aber wir haben trotzdem das Problem, dass wir unterscheiden müssen, wer bezahlen kann und wer nicht. Manchmal gibt es Situationen, in denen wir die Patienten und ihre Einkommensverhältnisse kennen. Dann können wir zu einer guten Entscheidung kommen. Zum Glück arbeiten wir in einem Missionskrankenhaus – da gibt es immer Wege zur richtigen Behandlung.

Frage: Hat Dankbarkeit etwas mit dem Glauben zu tun?

Dr. Mushi: Tatsächlich. Dankbarkeit hat etwas mit der Seele zu tun, mit unserem Schöpfer. Es gibt einen Punkt im Leben, an dem wir vermehrt über das eigene Leben nachdenken. Je mehr ich das in meinem Leben tue, desto mehr erkenne ich, dass ich eigentlich nichts verdient habe. Nur durch Gottes Gnade kann ich dieses Leben führen. Ich bin Gott immer dankbar.

Frage: Im „Ruf in die Zeit“ wird immer wieder um Spenden für Afrika geworben. Anschließend folgt ein „Dank an die Spender“. Wie empfinden Sie das?

Dr. Mushi: Ich halte das erst einmal für sehr wichtig und großartig. Ich glaube, dass es auch erfüllend für die Spender ist, wenn sie sehen, dass sich durch sie unser Leben verändert, dass sie Menschen helfen. Und wir müssen dafür dankbar sein – somit ermutigen wir mehr und mehr Menschen ein offenes Herz für die Bedürftigen zu haben.

Frage: Ist das manchmal auch schwierig?

Dr. Mushi: Einerseits sind die Spender gut gebildet, leben in Ländern mit vielen Ressourcen, haben die Möglichkeit zu arbeiten und so ihre ökonomische Situation zu verbessern. Sie sind also in der Lage, etwas abgeben zu können. Andererseits denke ich mir tatsächlich auch: Ich schäme mich, dass wir es nicht selbst ohne Spenden schaffen.