Hoffnung auf eine neue geistliche Heimat
Die Abtei Münsterschwarzach unterstützt zwei junge Gemeinden in Leipzig - nun erzählt Br. Andreas Knapp im Interview über die Entstehung, Enttäuschungen und Hoffnungen für die Zukunft.
Der diesjährige Weltmissionssonntag ist in ganz ungewohnter Form gefeiert worden. Doch der Gedanke der persönlichen Begegnung wurde dennoch realisiert. Zu Gast waren zwei junge Gemeinden aus Leipzig, im syrisch-orthodoxen und rum-orthodoxen Ritus Gottesdienst feiern.
Die Gemeinden gründeten sich aus Familien von Geflüchteten aus Syrien und dem Irak. Derzeit ist ein Umbau einer Fabrikhalle zu einem eigenen Gemeindezentrum mit Kirche in Planung. Für dieses Projekt hat Abt Michael die Schirmherrschaft übernommen, der an diesem Nachmittag einen symbolischen Schirm überreicht bekam.
Der Kontakt kam über Br. Andreas Knapp vom Orden der Kleinen Brüder vom Evangelium zustande, der diese seit 2016 unterstützt und begleitet und zu dieser Gelegenheit mehr von seinen Erlebnissen in den vergangenen Jahren erzählt hat.
Frage: Wie kam der Kontakt zur syrischen Gemeinde in Leipzig zustande?
Br. Andreas Knapp: Ich arbeite in der Flüchtlingshilfe als Ehrenamtlicher und habe einen syrischen Christen kennengelernt, das war 2015. Über ihn habe ich wiederum die syrische Gemeinde kennen gelernt, die waren mit ihrem Verein da gerade frisch gegründet. Das waren etwa 30-40 Familien, fast alles Geflüchtete, die sich zusammengefunden hatten. Ein paar wenige waren schon vorher in Deutschland. Ich habe dann diese Gemeinde begleitet, bin zum Gottesdienst gegangen. Ich fand es total spannend, mit Christen aus dem Orient in ihren eigenen Riten zu feiern. Ich habe dann auch viel in der Hausaufgabenhilfe, Schulbegleitung und Behördengänge organisiert.
Frage: Und irgendwann war der Wunsch nach einer eigenen Kirche da?
Br. Andreas Knapp: Genau. Dann meinte ich, dass das alles so kompliziert sei – und außerdem seien sie ja in der Propsteikirche zu Gast und der Probst habe sie ja gut aufgenommen. Allerdings kam der Vorstand auf mich zu und machte mich auf der besondere Problematik aufmerksam: Sie sind aus ihrer Heimat vertrieben worden, weil sie Christen sind. Und wenn sie hier eine Kirche haben, dann haben sie auch wieder ein Stück Heimat. Das habe ich verstanden. Und dann war klar, dass ich ihnen helfe. Das war 2016.
Frage: Wie ging es dann weiter? Das Gebäude haben Sie ja erst 2021 erwerben können …
Br. Andreas Knapp: Wir haben damals mit der Suche angefangen. Und das war auch frustrierend. Denn wir haben sehr viele Gebäude angeschaut und sind fast immer gescheitert an der Ausländerfeindlichkeit. Wir haben schreckliche Geschichten erlebt. Ablehnung, Anfeindung. Auch von anderen Christen. Das war die größte Enttäuschung.
Einmal war schon fast alles geplant, dann wurde die Zusage dann wieder zurückgezogen. Das war nach der Bundestagswahl 2017 und damals hatte die AfD in einem Wohnbezirk, in dem wir ein Gebäude gefunden hatten, rund 40 Prozent geholt.
Natürlich musste das ganze Projekt auch finanziert werden. Ich habe dann an einige befreundete Gemeinschaften geschrieben und um Unterstützung gebeten – da war Münsterschwarzach aber gar nicht dabei. Aber die Mail ist irgendwie weitergeleitet worden und das Kloster hat dann mit mir Kontakt aufgenommen. Es war eine große Hilfe, zu wissen, dass ein so großes Kloster hinter uns steht.
Frage: Aber eine Immobilie hatten Sie dennoch noch nicht?
Br. Andreas Knapp: Nein. Wir haben weiter gesucht, über 20 mögliche Immobilien angeschaut. Und selbst die letzte Möglichkeit auf unserer Liste scheiterte. Aber genau da beginnt der Neuanfang. Das war vor ziemlich genau einem Jahr. Damals standen wir nach einer gescheiteren Besichtigung ziemlich hilflos in einem Industriegebiet und haben eine leer stehende Fabrikhalle entdeckt. Ich habe an eine dort angebrachte Adresse geschrieben. Das war der Volltreffer. Der Chef der Firma ist ein freikirchlicher Christ und als er hörte, um was es ging, war er Feuer und Flamme. Wir konnten das Grundstück erwerben und die Pläne liegen derzeit beim Stadtplanungsamt und Bauordnungsamt. Wir hoffen, dass sie in den nächsten Wochen genehmigt werden. Und dann fangen wir mit dem Umbau an.
Frage: Mittlerweile hat sich die rum-orthodoxe Gemeinde ja auch angeschlossen. Wie wird das sein, wenn sich zwei Gemeinden dieses Gemeindezentrum mit Kirche teilen?
Br. Andreas Knapp: Die syrische Gemeinde ist schon länger hier aktiv, die haben auch einen eingetragenen Verein. Bei den rum-orthodoxen läuft dieser Prozess noch. Die syrisch-orthodoxe Gemeinde baut das Zentrum, aber beide können es nutzen. Es ist toll, dass wir mit relativ wenigen Eingriffen dem Gebäude einen sakralen Charakter geben können.
Frage: Wie war das für die Gemeinden so viel Ablehnung hier zu erfahren?
Br. Andreas Knapp: Das war ganz schrecklich. Ich denke an eine junge Frau, die schon länger hier lebt. Sie hat bei einer Versammlung gesagt, dass sie schon so lange in einer deutschen katholischen Gemeinde dabei sei und nun Ablehnung erlebe, weil sie eine etwas dunklere Hautfarbe und schwarze Haare habe. Und für sie war das unglaublich verletzend. Auch mich hat das extrem gekränkt und geärgert. Einmal hat mich der Vorsitzende angerufen und gemeint: "Andreas, ärgere dich nicht. Sie wissen nicht, was sie tun und wir beten für sie." Da dachte ich mir, dass ich diese Größe auch gerne haben würde. Das hat mich beeindruckt. Denn er hat ja diese Ablehnung viel stärker spüren müssen als ich.
Frage: Hätten Sie sich mehr Unterstützung von Außen gewünscht?
Br. Andreas Knapp: Also der Propst von Leipzig unterstützt uns sehr, der ist da sehr dahinter. Das Problem ist das Umfeld, in Sachsen gibt es eine ziemlich verbreitete Ausländerfeindlichkeit.
Frage: Was ist Ihre Hoffnung für die nächste Zeit?
Br. Andreas Knapp: Wir haben ganz große Hoffnungen. Zum einen, dass diese beiden Gemeinden immer mehr noch zusammenarbeiten. Das tun sie schon, aber wir hoffen, dass noch weiter wächst. Und natürlich, dass wir bald eine Baugenehmigung erhalten. Da werden wir natürlich viel in Eigenleistung machen – wir haben schon angefangen. Im Sommer war ein tolles Projekt: Es gab ein Workcamp einer christlichen Jugendgruppe aus Holland, die gemeinsam mit den Jugendlichen aus den beiden Gemeinden und deutschen Jugendlichen zehn Tage lang das zugewucherte Gelände gereinigt hat. Das war ein hoffnungsvoller Anfang: Vier Konfessionen, vier Nationen! Wir müssen schauen, dass die jungen Menschen über die Konfessions- und Nationengrenzen hinweg zusammenarbeiten. Mit Blick auf die anstehenden Aufgaben, die weltweit zu bewältigen sind, funktioniert es nicht, sich abzugrenzen. Wir müssen da alle zusammenstehen, das halte ich für zukunftsweisend.
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