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Aktuelles Mission

Durch die Stille zu Gott - der neue Ruf ist da

Interview mit dem Leiter des Gästehauses und Kontemplationslehrer, Bruder Jakobus Geiger, über den kontemplativen Weg im neuen Ruf in die Zeit

Soeben ist der neue Ruf in die Zeit, die Missionszeitschrift der Abtei Münsterschwarzach erschienen. Unter dem Leitthema Schweigen und Stille geben Mönche und Nonnen wie z.B. P. Anselm Grün, Br. Jakobus Geiger oder Sr. Clara Vasseur einen leisen Einblick in dieses häufig doch recht verschwiegene Thema. Einen Auszug aus dem Interview mit Br. Jakobus Geiger können Sie vorab hier lesen. Wenn Sie es wünschen, senden wir Ihnen regelmäßig den neuen Ruf kostenlos per Post nach Hause.

(Auschnitt aus dem Interview mit Br. Jakobus Geiger OSB)

Seit 20 Jahren beschäftigt sich Bruder Jakobus Geiger mit Kontemplation, Jesusgebet, christlicher Meditation und fernöstlichem ZEN. Im Laufe der Jahre hat der Mönch und Theologe Stille und Kontemplation als Kraftquelle und Ort der Gottesbegegnung für sich entdeckt. Die tief berührenden Erfahrungen mit dem eigenen Innenraum und dem göttlichen Geheimnis, die der kontemplative Weg bereithält, macht Bruder Jakobus seit vielen Jahren auch anderen Menschen zugänglich, indem er Kurse in Kontemplation anbietet.


Bruder Jakobus, Kontemplation ist heute ein Modewort geworden. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?

Kontemplation ist eine religiöse Praxis des Gebets und der Meditation, die vor allem im Mönchtum und in der abendländischen Mystik verbreitet ist. Bei der Kontemplation nähere ich mich dem göttlichen Geheimnis nicht primär mit dem Wortgebet, sondern versuche in reiner Präsenz offen vor ihm, in ihm, mit ihm zu sein. Ich will eins werden mit ihm.


Im Christentum hat die Kontemplation eine jahrhundertealte Tradition. Wo liegen die Wurzeln?


Es gibt in der hl. Schrift einige Passagen, die darauf hindeuten, dass es bereits in den frühchristlichen Gemeinden kontemplative Erfahrungen gab. Etwa wenn Paulus sagt: „In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir.“ Auch der christliche Gelehrte Origenes (185-253 n. Chr.) spricht von einem Gebet der Ruhe. Mit Antonius dem Großen, der um 250 in Ägypten geboren wurde, begann das christliche Mönchtum: Einzelne Mönche suchten im Rückzug in die Wüste ganz bewusst die Stille. In ihren Erfahrungsberichten taucht all das bereits auf, was ich heute methodisch vermittle. Zum Beispiel der Ratschlag: „Kämpfe nicht gegen Deine Gedanken, sondern gib Deinem Geist etwas Positives zu tun, damit er beschäftigt ist.“ Damit ist die Wiederholung eines Gebetswortes gemeint, was vor allem im Mittelalter sehr stark praktiziert wurde. Wir finden dies auch bei den Einsiedlerinnen, und später in der spanischen und der französischen Mystik.


Hat der moderne Mensch die Stille verlernt?

Zunächst einmal muss man fragen: Was ist Stille? Es gibt die Stille, die entsteht, wenn ein Geräusch zu Ende ist und das nächste noch nicht begonnen hat. Doch das ist eigentlich noch keine Stille, sondern eher Lautlosigkeit oder Leere. Anders ist es mit der wirklichen Stille, die ich über verschiedene Zwischenstufen erreichen kann. Ich möchte das an einem Beispiel darstellen: Wer an einem meiner Kurse teilnimmt, verbringt die gesamte Zeit im Schweigen. Zunächst nehmen die Teilnehmer die eher leisen Geräusche um sie herum wahr: das Ticken der Uhr oder das Knarzen des Stuhls. Aber auch wenn diese Geräusche verhallt sind, ist es noch lange nicht still. Denn je mehr die äußeren Stimmen zur Ruhe kommen, desto lauter werden die inneren Stimmen – die Gedankenaktivität beginnt. Zuerst tauchen natürlich unmittelbare Eindrücke aus dem Alltag, die zurückliegenden Stunden und Tage auf. Geht man aber länger in die Stille, kommen plötzlich aus der Tiefe der Psyche ganz andere Dinge an die Oberfläche: Meine Konflikte, Prägungen, Widerstände und Eigenarten – all das, was man den psychologischen Schatten nennt. Diese Themen muss ich zunächst bearbeiten, erst dann kann ich noch tiefer in die Stille gehen.

Das Interview führte Anja Legge