Das Schaffen von P. Alwin Schmid OSB
Heute vor 118 Jahren ist der außergewöhnliche Künstler geboren worden.
P. Alwin Schmid OSB – Mönch, Missionar und Künstler. So ließe sich in drei Worten zwar seine Arbeit beschreiben, seine Biographie und Werke füllen allerdings ganze Bücher. Geboren wurde der spätere Kirchenarchitekt am 29. Mai 1094 in Spaichingen (Baden-Württemberg). Bereits in seiner Schulzeit fiel er durch sein künstlerisches Talent auf, hatte aber in anderen Schulfächern Probleme und schaffte erst im Alter von 23 Jahren sein Abitur. 1927 begann er sein Studium der Kunstgeschichte an der Universität München sowie bildende Künste an der Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin und der Universität Wien. Nach Abschluss des Studiums trat er 1931 in die Abtei Münsterschwarzach ein und legte ein Jahr später seine zeitliche Profess ab.
Von 1933 bis 1937 studierte er in Würzburg Theologie, obwohl für kurze Zeit aus dem Kloster wieder ausgetreten war. 1936 wurde er zum Priester geweiht. Im Mai 1937 sandte ihn die Abtei Münsterschwarzach als Missionar nach Yanji/China aus. Bereits im Juni wurde er mit der künstlerischen Ausgestaltung der provisorischen Kirche der gleichnamigen Abtei für eine anstehende Bischofsweihe beauftragt. Der Beginn einer langen Schaffensära. Und auch die Missionsarbeit vor Ort gemeinsam mit anderen Missionaren zeigte Erfolge: Bis 1945 wurden in der dortigen Apostolischen Präfektur Yanji (ab 1937 Apostolisches Vikariat) insgesamt 25 Pfarreien gegründet.
Die Liturgie erlebte dort, weit vor den Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils, eine Revolution. In einer von P. Alwin umgestalteten Kirche in Yanji feierte der dortige Bischof Theodor Breher im Juli 1940 sein silbernes Priesterjubiläum zum Volk hingewandt.
Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges und einigen politischen Umbrüchen übernahm 1946 die kommunistische chinesische Regierung die Macht und löste das Kloster Yanji auf, die Mönche wurden in ein Konzentrationslager gebracht. Zwei Jahre Haft prägten auch P. Alwin Schmid, der dort viele Bleistiftskizzen vom Lagerleben fertigte. Nach dem Ende der Haft war auch die Missionstätigkeit behördlich verboten und P. Alwin kehrte Ende 1949, Anfang 1950 nach Deutschland und in die Abtei Münsterschwarzach zurück.
P. Alwin nach seiner Rückkehr
Hier setzte er sein künstlerisches Wirken neben seiner Lehrtätigkeit am klostereigenen Gymnasium (dem heutigen Egbert-Gymnasium) fort. Seine Werke finden sich teilweise bis heute. Sein erstes Werk war die Gestaltung der Seminarkapelle, die zum neuen Schuljahr 1950 fertig wurde. 1952 entwarf P. Alwin gemeinsam mit P. Urban den heutigen Kapitelsaal, bis dato gab es seit der Wiederbegründung 1913 keinen. Eine besondere Stellung nimmt dabei das Christusbild ein, das über dem Sitz des Abtes zu sehen ist. P. Meinrad Dufner beschreibt es folgendermaßen:
»Hinter der Lehne des Abtstuhles zeigt der Kreis den Erdball. Ständig schwebt oder steigt der Wiederkommende darauf herunter. Alwin hat IHN in einer leichten, schwebenden, aber auch herrschaftlich kraftvollen Bewegung dargestellt. Christus zeigt das offene Buch, es kann das Evangelium sein, es kann auch das von IHM geöffnete Buch der Apokalypse sein. Denn nach dessen Öffnung ist Endzeit. Die rechte Hand erhebt Christus in einer Gebärde des Redners. Er ruft etwas wie ›Hier bin ich‹ oder ›Ich komme‹ oder ›Schaut her‹.
Und ER schaut immer auf uns. Durch die mittig gesetzte Pupille blickt Christus zu jedem Platz des Saales ganz individuell. Zu allen gleichzeitig und gleichwertig. Sein Antlitz ist ruhige Präsenz. Er ist nicht stürmisch, nicht leidend, nicht theatralisch, wie IHN das Barock wohl gezeigt hätte, sondern in ruhiger Majestas. Um den Kopf die Mandorla aus Licht. Durch die ganze Gestalt zieht sich die Gebärde des Kreuzes in der Form des Tau oder T, wie wir es auch vom Hochaltarbild der Kirche kennen. ER ist der erhöhte Christus geworden durch seine Hingabe am Kreuz, auch die Wundmale sind als ›vernarbte Segenszeichen‹ da; somit ist es auch ein Bild zu dem Satz der Regel: ›Wenn wir an den Leiden Christi in Geduld teilnehmen, werden wir auch an seiner Herrlichkeit Anteil haben.‹ Die schwebende Gestalt ist ihrerseits umgeben vom sich fortwährend bewegenden Weltall. Das Bild mag daher auch als starke Glaubensgewissheit gedeutet werden: In aller Bewegung der Zeit, Christus ist Anfang und Ende, Halt und Heil, ER, der war und ist und ständig im Kommen ist, uns entgegen.«
Ein weiteres besonderes Bauwerk ist die Marienkapelle im Klosterpark, die 1954 errichtet wurde. Anlass zur Errichtung gab dem damaligen Abt Burkard Utz das Marianische Jahr, das Papst Pius XII. im Herbst 1953 anlässlich des Jubiläums des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis ausrief. In den Chroniken hieß es aber auch, dass die Kapelle eine Dankgabe für die Muttergottes für die Heimkehr der Mönche nach dem Krieg und die Heimkehr der Korea-Missionare war. P. Alwin malte im Innenraum die Rosenkrankgeheimnisse in einem Stil, der seiner Zeit voraus war – ein Ausspruch, mit dem er heute oft verbunden wird.
Ebenfalls 1954 schuf P. Alwin ein großes Wandbild im Brüderoratorium, dessen Bau 1952 begonnen wurde. Es folgten zahlreiche weitere Wandbilder, unter anderem im Gästerefektorium. Kirchenarchitektur konnte P. Alwin in Deutschland aber nie umsetzen.
1961 wurde P. Alwin erneut nach Korea ausgesandt, nachdem er seit 1958 von Münsterschwarzach an Kirchenentwürfen im Auftrag des damals neugegründete Klosters in Waegwan arbeitete. Vor allem als Architekt wirkte P. Alwin in Waegwan in den folgenden Jahren segensreich und unermüdlich. Oftmals betreute er mehrere Kirchenbauten parallel. Bis zu seinem Tod am 17. November 1978 schuf der Künstler insgesamt 185 Kirchengebäude, zu denen neben Kirchen auch Pfarrzentren, Klöster und Kapellen gehören.
Die Informationen über das Wirken P. Alwins sind entnommen aus der Abteibiographie "Schwarz aber schön" (Band 5 & Band 6) von Dr. Johannes Mahr, erschienen im Münsterschwarzacher Vier-Türme-Verlag sowie aus "Kirchenarchitekt Alwin Schmid" von Jung-Shin Kim, erschienen im eos-Verlag.