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Predigten

Mein Glaube – erprobt wie Gold

Predigt von P. Fidelis Ruppert OSB am 2. Ostersonntag.

Schwestern und Brüder,

heute geht es wieder mal um den ungläubigen Thomas. Er gilt als ungläubig, weil er seinen Mit-Aposteln nicht geglaubt hat. Man könnte auch sagen, dass er nicht leichtgläubig ist und nicht einfach auf jedes Gerücht hereinfällt. „Stimmt das überhaupt, was ihr da erzählt?“ So sagen wir ja auch oft, angesichts der vielen fake news und Unwahrheiten, die durch die Welt schwirren.

Stimmt das überhaupt? Wir können froh sein, dass Thomas nachgefragt hat. Diese Nachfrage bringt uns eine wichtige Einsicht – über den Glauben, über unser Leben. Geklickt hat’s, gezündet hat’s bei Thomas erst, als er die Wunden sah, vielleicht sogar hineinfasste und erschüttert war. Diese Wunden sind echt! Dann ist auch die Erscheinung echt. Dann ist ER es! Wunden sind das Erkennungszeichen, das Markenzeichen des Auferstandenen.

Wunden, die geheilt sind. Todeswunden, die von unzerstörbarem Leben künden. – Und Thomas geht in die Knie: Mein Herr und mein Gott! Der Glaube des Thomas bricht durch, als er die Wunden sieht und die Botschaft dieser Wunden versteht, die Botschaft hinter den Wunden.

Auch unser Glaube ist nur echt, wenn er die Wunden kennt, die das Leben schlägt, wenn er die Krisen kennt, auch die Glaubenskrisen.

Papst Franziskus sagte schon öfters: „Ein Glaube, der keinen Zweifel kennt, ist kein Glaube.“ Der Glaube muss sich an den Zweifeln gerieben haben, er muss sich an den Härten des Lebens wundgerieben haben. Wenn er das überstanden hat, ist er echt – und passt zum Glaubensdurchblick des Thomas.

Dazu passt auch die heutige Lesung aus dem 1. Petrusbrief. Dieser Brief ist an Gemeinden in Kleinasien geschrieben, die als Minderheiten unterdrückt und verfolgt werden. Der Schreiber des Briefes spricht ihnen Mut zu, und gegen Ende des Briefes formuliert er sogar: „Geliebte, lasst euch durch die Feuersglut, die zu eurer Prüfung über euch gekommen ist, nicht verwirren, als ob euch etwas Ungewöhnliches zustoße!“ (4,12) Ja, selbst die Feuersglut der Prüfung sei für den Glauben nichts Ungewöhnliches, das gehört einfach dazu, gehört zum Leben und gehört zu einem reifen Glauben. Da muss man durch!

Ähnlich direkt heißt es in dem Abschnitt, der vorhin gelesen wurde: „In all diesen Bedrängnissen soll sich eure Standfestigkeit im Glauben herausstellen, die kostbarer ist als Gold, das im Feuer geprüft wurde.“

Echter Glaube wird in der Bibel oft mit Gold verglichen, das im Schmelzofen geläutert wurde. Ein starkes Bild, denn um reines Gold aus dem Erz herauszuschmelzen, muss der Ofen auf etwa tausend Grad erhitzt werden. Reines Gold und echter Glaube müssen durch großes Feuer gegangen sein.

Das war damals so und ist immer so. Auch heutzutage fehlt es nicht an Feuersglut und Stürmen aller Art: Die anhaltenden Krisen und Wunden der Kirchen, die chaotische Weltpolitik und selbst das Klima spielt immer mehr verrückt.

Wie gehen wir mit all diesen Problemen um – auch noch mit den eigenen, ganz persönlichen – wenn sie uns packen und wir am liebsten davonlaufen würden? Frage: Ginge es uns besser, wären wir bessere Christen, wenn all diese Probleme endlich weg wären?

Die jüdische Philosophin Simone Weil schrieb einmal: „Nicht wünschen, dass irgendeine unserer Erbärmlichkeiten verschwinde, sondern die Gnade erbitten, die sie verwandelt.“ Es geht nicht darum, unsere Erbärmlichkeiten, das Schreckliche, das uns quält, einfach loshaben zu wollen, sondern das alles muss sich verwandeln mithilfe der Gnade. Aus dem Erbärmlichen und Schrecklichen kann und soll sich etwas Segensreiches entwickeln.

Kennen wir das nicht auch? Sagen wir nicht manchmal, dass eine Krise, eine schwere Krankheit, ein Unfall uns viel gelehrt und den Glauben vertieft hat? Es geht darum, dass sich etwas verwandelt und aus der Krise neue Kraft wächst. Dazu gibt es einen Text von den Wüstenvätern aus dem 4. Jahrhundert. Einige Mönche unterhalten sich darüber, dass früher, bei den ersten Mönchen alles viel besser war. Seither ginge es nur abwärts. Da sagte ein Alter: „Ja, die haben damals im Willen Gottes Großartiges geleistet. Das waren Meister.

Unsere Generation schafft es nur noch bis zur Hälfte – nur noch halb so gut. Und die kommende Generation hat überhaupt nichts mehr vorzuweisen.“ Das klingt recht traurig. Doch dann fügte er nachdenklich hinzu: „Über diese jüngste Generation wird die große Versuchung kommen, die große Drangsal. Die aber in jener Zeit bewährt erfunden werden, die werden größer erachtet werden als wir und unsere Väter.“

Das ist erstaunlich: nichts Großes mehr, viele Krisen und Drangsale. Aber das eigentlich Große besteht darin, diese Krisenzeit durchzustehen und daran zu wachsen. Dann öffnet sich eine neue und größere Zukunft. Ist das nicht eine wunderbare Botschaft für die jetzt Lebenden, die Alten und die Jungen?! Für uns Alte hier und für uns Junge hier? 

Stellt euch vor, ihr von der jüngsten Generation, dass ihr die heutige Krisenzeit durchsteht, daran wachst, daran reift und dann mehr leistet, mehr aufbaut, mehr neu entdeckt, als alle vor euch. Das wäre doch wunderbar! Oder?

Und es wäre so etwas wie Auferstehung mit verklärten Wunden, wie Auferstehung mit verklärten Todeswunden – und LEBEN wächst weiter ...