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Die Lebensmacht Gottes zeigt sich in Jesus

Predigt von Abt Michael Reepen und Bilder der Osternacht 2023.

Liebe Schwestern und Brüder!

Es war vor vier Wochen bei der Sitzung des Kongregationsrates in Togo. Da habe ich zum ersten Mal von ChatGPT erfahren. Die Mitbrüder dort bei der Sitzung haben damit rumgespielt. Natürlich habe ich mir das dann auch eingerichtet auf meinem Computer. ChatGPT – das ist eine „Künstliche Intelligenz“-Plattform im Internet, auf der man zum Beispiel eine Predigt erstellen lassen kann. Wenn ich dort eingebe „Predigt Osternacht 2023“, dann schreibt es mir eine fertige Predigt zusammen. Die Künstliche Intelligenz klaubt es aus all den Informationen im Internet zusammen und macht mir eine Predigt daraus.

Man kann alle möglichen Fragen stellen, und diese Plattform produziert in Sekunden einen Text, bringt alles Wissen zusammen, das es auf der Welt im Internet dazu gibt, und formuliert daraus eine Antwort. In der ZEIT-Ausgabe dieser Woche ist auf der Titelseite ein Artikel „Sind wir denn dumm? Bald könnte die Künstliche Intelligenz intelligenter sein als der Mensch“.

Vor einigen Jahren, 2014, gab es einen Film, der von einem Wissenschaftler-Ehepaar handelte, die an Künstlicher Intelligenz arbeiteten. Als der Mann unheilbar krank wurde und starb, gelingt es der Frau, die Inhalte seines Gehirns in einen Quantencomputer hochzuladen. Im Film hat es das Bewusstsein des Mannes tatsächlich vor dem Tod bewahrt, also in digitaler Form. Und diesem virtuellen Geist gelingt es schließlich sogar, einen Körper zu erschaffen, mit der er der Frau erscheinen kann. Er erscheint zwar als ihr Mann. Aber sie ist sich nicht mehr sicher, ob es wirklich ihr Mann ist, der da vor ihr steht. Sie erschrickt, bekommt Angst, zweifelt an der Echtheit und Identität dieses Mannes und entscheidet sich für die Zerstörung des ganzen KI-Projekts.

Maria aus Magdala und die andere Maria, die nach dem Sabbat beim Anbruch des ersten Tages der Woche zum Grab gehen, sind ganz in der Realität. Sie sind wirklich am Boden: Jesus wurde gekreuzigt, begraben, das Grab mit dem Stein versiegelt, römische Wachen wurden vor das Grab gestellt. Jesus ist tot. Ein reales Faktum. Und die beiden Frauen bestätigen diese Realität nochmal, indem sie am ersten Tag der Woche mit Salben zum Grab gehen, um den Leichnam zu salben.

Ihre Enttäuschung ist auch real, ihre Hoffnung wurde begraben. Aber ihre Liebe zu diesem Jesus, ihre Sehnsucht nach ihm ist in ihrem Herzen ganz wach. Und da trifft plötzlich die irdische Realität auf eine andere Realität, auf eine ganz andere Wirklichkeit.

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Lore Friedrich-Gronau, die Künstlerin, die lange bei uns in Münsterschwarzach lebte, hat diese Szene aus dem Matthäusevangelium dargestellt auf unserer Friedhofsmauer: der große Engel, der auf dem Grabstein sitzt und verkündet: „Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat! Kommt her und seht euch den Ort an, wo er lag“ (Mt 28,5-6). – An der Seite stehen die beiden Frauen mit den Ölgefäßen, voll Furcht, erschrocken über das, was sie sehen und hören.

Im Evangelium setzt dann aus der Starre plötzlich Bewegung, temporeiche Dynamik ein: Der Engel sagt: „Geht schnell zu seinen Jüngern! […] Er geht euch voraus nach Galiläa“; und „sogleich verließen sie das Grab, voll Furcht und großer Freude und sie eilten zu seinen Jüngern, um ihnen die Botschaft zu verkünden“ (Mt 28,7-8).

Da kommt ihnen „plötzlich Jesus entgegen und sagte: Seid gegrüßt! Sie gingen auf ihn zu, warfen sich vor ihm nieder und umfassten seine Füße“ (Mt 28,9). Das Umfassen der Füße ist der Realitätsbeweis, ist wie ein Zugeständnis an sie, dass es wirklich der Herr und Meister ist, dass sie ihrer Liebe, ihrer Sehnsucht trauen dürfen, dass die Liebe Jesu in ihrem Herzen brennt und lebendig bleibt.

In allen Begegnungen mit dem Auferstandenen ist es eine Mischung aus Realitätsbeweis und Liebe – er spricht sie an, er isst mit ihnen, er bricht das Brot, er zeigt seine Wunden und Thomas berührt sie – und diese Realitätserfahrungen gehen einher mit der inneren Erfahrung von Sehnsucht und Liebe:

„Rabbuni!“ (Joh 20,16)

„Brannte uns nicht das Herz?“ (Lk 24,32)

„Mein Herr und mein Gott!“ (Joh 20,28)

Es geht immer um die Wahrheit der Erfüllung liebender Sehnsucht, um die Wahrheit der Botschaft des Lebens, um Seine Gegenwart, um Realpräsenz! Und diese führt zur Sendung: Geht zu meinen Jüngern! Geht hinaus in alle Welt!

Der wahrhaft Auferstandene verbürgt die Wahrheit der Erfüllung aller Sehnsucht nach einer Liebe, die den Tod besiegt. Diese Lebensmacht Gottes, die sich in Jesus Christus, dem auferweckten Gekreuzigten, offenbart, ist stärker als Leid und Tod.

Darin liegt der Gegensatz zu dem Film. Obwohl der Mann nach seinem Tod sogar einen organischen Körper angenommen hatte, war er nur ein trügerisches Abbild. Künstliche Intelligenz kann keine realen Gefühle entwickeln und keine reale Beziehung stiften. Ein Theologe sagte einmal: „In der Liebe entdecken wir den unvergänglichen und unvertauschbaren Wert eines Menschen, und wir wissen ein für alle Mal, dass es kein Irrtum ist, wenn wir mit allen Fasern spüren: Diesen Menschen muss es geben, jetzt und in alle Ewigkeit. […] In der Liebe wissen wir um die Unendlichkeit“.

Die Jünger erfahren den Auferstandenen, ihren Herrn und Meister, mit Leib und Seele. Und sie erfahren ihn bei sich zuhause in Galiläa, in ihrer Heimat, in ihrem Alltag – da, wo sie leben.

Es geht immer um die Realpräsenz Gottes, um die Leben spendende Wirklichkeit der göttlichen Liebe, und die endet nicht mit dem Tod! In der Schöpfung geht nichts verloren. Es verwandelt sich nur. Aber es bleibt. Wir alle werden uns verwandeln, wir alle werden auferstehen und uns wiedersehen, einander die Füße umfassen, unsere Namen hören, trinken und essen und unser Herz wird brennen, weil Liebe ist, und da ist Gott.

Liebe Schwestern und Brüder,

wenn wir jetzt unsere Taufgelübde erneuern, dann bekräftigen wir, dass wir an diese Realität glauben.