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Predigten

Du hast Worte des ewigen Lebens

Predigt von P. Martin Birk OSB am 21. Sonntag im Jahreskreis.

„Wollt auch ihr weggehen?“  Diese Frage, liebe Schwestern und Brüder, klingt erschreckend aktuell. Jesus könnte sie auch heute stellen, an uns. Mehr als 400.000 katholische Christen haben letztes Jahr unsere Kirche verlassen. „Wollt auch ihr weggehen?“ Das bringt uns zu der Frage, die sich manche von Ihnen wohl schon gestellt haben: Warum bleibe ich?

Damals hat Petrus Jesu Frage beantwortet: „Wir haben doch keine vernünftige Alternative. Und wir bleiben bei der Glaubensentscheidung und der Erkenntnis, dass Du Gottes Bote bist und dass Du selbst und Deine Worte uns die Brücke ins bleibende göttliche Leben bauen“.

Warum bleibe ich? Wohl im Tiefsten genau deshalb. Ich habe mich mit der Person Jesu, Seinem Lebensweg und Seiner Botschaft auseinandergesetzt. Das Ergebnis war: Dieser Jesus lebte als Gottessohn bei uns Menschen und ist nach Seiner Auferstehung als gegenwärtiger Christus bei uns – zu unserem Heil. So oder ähnlich sind wohl viele von Ihnen ihren Glaubensweg gegangen und haben verstanden, dass das Innerste der Kirche ein Geheimnis ist: die Gegenwart des Auferweckten und Seines Heiligen Geistes.

Petrus sprach von sich in der Mehrzahl: „Wir sind zum Glauben gekommen“. Von seltenen Ausnahmen abgesehen: Christen gibt es nur in der Mehrzahl. Natürlich kann jemand die Kirche verlassen und ohne Glaubensgemeinschaft sozusagen vom „Glaubensspeck der Vergangenheit“ - der 1000 und mehr Jahre Christentum in unserem Lande - leben. Aber lebendiges Christentum gibt es auf Dauer nur im Miteinander der überzeugten Gemeinde, die das Feuer an die nächste Generation weiterreicht. Was hilft mir zu bleiben?

Zuerst: eine lebendige Beziehung zu Jesus Christus, genügend Zeit für das Pflegen dieser Beziehung und notfalls das Ringen um sie eingeschlossen (früher nannte man das Beten). Dann: Blicken wir auf den Staat. Er leidet unter einem ähnlichen Phänomen wie die Kirche. Letztes Jahr haben – netto – fast 150.000 gut ausgebildete tatkräftige Deutsche in den besten Jahren unser Land verlassen, weil sie anderswo für dieselbe Arbeit mehr Geld oder bessere Arbeitsbedingungen bekommen. - Diese und jene Partei passt mir nicht, diese und jene Regierung arbeitet nicht so, wie ich es mir wünsche - trotzdem gebe ich meinen deutschen Pass nicht ab. Wir Menschen brauchen das Miteinander. Ich bleibe in der Kirche, weil ich die Gemeinschaft der Glaubenden brauche – und weil sie mich braucht, weil meine Glaubensgeschwister mich brauchen.

Was hilft mir zu bleiben? Die Erinnerung an diejenigen, denen ich – damals am Anfang meines Lebens und dann später immer wieder – den Glauben verdanke: an meine Eltern, die Religionslehrer und Lehrerinnen, Priester, Ordensleute und viele Christen, denen ich im Laufe der Jahre begegnet bin. Was hilft mir zu bleiben? Es ist das innere Gespür dafür, dass die Botschaft Jesu und die Feier Seiner Gegenwart eine Bedeutung hat über alle Grenzen hinaus: Grenzen, die Menschen ziehen durch Unterschiede in Verdienst und Einkommen, in Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Völkern und Parteien, und wie auch immer die Abgrenzungen in „wir“ und „die anderen“ lauten mögen. Originalton des Apostels Paulus: „Ihr alle seid einer in Christus Jesus“ (Gal3,28).

„Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens“. Und in Deiner Kirche wird gerade hier und jetzt Deine Botschaft verkündet und Dein Mahl gefeiert – von der Gemeinde Deiner Gläubigen, die bei Dir geblieben sind.