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Predigten

Dreikönigsbilder als Schule des Gebets

Predigt von Pater Meinrad Dufner OSB am Hochfest Erscheinung des Herrn (Epiphanie) 6. Januar in der Abteikirche Münsterschwarzach

Entlang der alten Pilgerwege Europas trifft man immer wieder auf Gaststätten mit dem Titel „Dreikönige“, „Zu den heiligen Drei Königen“ oder einfach „Krone“. Das zeigt, wie sehr und richtig diese drei Morgenländer Urgestalten des Pilgerns sind. Sie sind Archetypen des Menschseins. Wie Pilgern alles vom Leben lehrt, so ist Leben selbst ein Pilgern.

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Aber was ist Pilgern?
Pilgern ist eine Weise, ganz und gar zum Gebet zu werden.
Daher ist die Dreikönigsgeschichte, daher sind Dreikönigsbilder eine Schule des Gebetes. Davon will ich sprechen.

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Am Anfang muss ein Aufbruch geschehen. Wer pilgert, packt sein Bündel und bricht mit dem Zuhause-sein. Zuvor – und das ist meist der Auslöser – hat einen ein Ereignis, ein Widerfahrnis aufgebrochen, erschüttert, unbehaust gemacht. Eine Krankheit, eine Begegnung, eine Sorge, eine Glücks- oder Liebeserfahrung oder eine Frage – wie die Frage der Drei „Was soll der Stern?“. Im täglichen Leben will die Glocke unsere Arbeit abbrechen und uns aufbrechen zum Gebet.

Beim Pilgern gehen die Füße weg. Beim Beten muss das Herz aus der Selbstbefangenheit ausziehen, muss einen Orts- und Sichtwechsel vornehmen. Geht’s beim Wandern über Berge, dann ist jeder Gewinn an Höhe ein Selbstopfer. Beim Gebet ist es nicht anders. Die Berge reinigen. Durchbetete Zeit bewirkt Gleiches. Durststrecken prüfen die Ausdauer, die Hoffnung, die Treue.

Ist man im Fremdland, im Ausland, dann muss sich das Eigen am Fremden prüfen lassen, es wird geläutert und erweitert.
So wirft das Gebet allmählich eine andere Sichtweise auf mich, es lässt manches in neuem Licht sehen, es legt den Gottesblick hinzu.

Schließlich kommt der Pilger am heiligen Ort an. Aber unterwegs war auch schon ganz viel und oft heiliger Ort. Ja vielleicht war eine unbedeutende Stelle, ein kleines Erlebnis, eine plötzliche Einsicht schon der Höhepunkt des Weges. Ebenso können wir die Graduierung und Wertigkeit des Gebetes an Äußerem nicht festmachen. Der innere Stern kann überall und jederzeit stehenbleiben und neu aufleuchten.

Bei Marco Polo wird eine Dreikönigsgeschichte erzählt, Ezard Schaper hat sie neu wiedergegeben. Als die Drei endlich ankamen beim Kind, ging der Jüngste als Erster hinein. Und das Kind hatte das Alter eines jungen Mannes. Als der Zweite ihn ablöste, eintrat, sah er das Kind in seinem Lebensalter der mittleren Jahre. Verstört ging er, um dem Alten den Besuch zu ermöglichen. Der trat ein, und das Kind war alter Mann.
Was war geschehen? Alle Drei sahen sich gespiegelt, sahen sich und ihr Leben durchschaut.
Das ist Wesentliches, vom Gebet gewirkt. Ich erkenne mich wahrer, wenn ich gekommen bin, nicht um zu schauen einen Gottesgenuss, sondern um gesehen, durchschaut zu werden, eine Röntgenaufnahme meines Wesens zu erhalten.

Die Legende geht weiter. Sie beschließen, gemeinsam hinein zu gehen. Und jetzt sehen sie das Kind als Neugeborenes, so leuchtend, verheißungsvoll, wie Babys sein können.

Meine Predigt geht jetzt in den Vorraum der Kirche. Auf Tiepolos Bild „Anbetung der 3 Könige“ ist das Zentrum und Wichtigste jene kreisende Mitte, erzählt zwischen dem Kind und dem Gesicht des alten Mannes. Ein Zwiegespräch höchster Gottesintimität.

Die Geschenke, die sie brachten, fallen durch den Blick des Kindes auf sie selber zurück.

Der liebende Blick des Neugeborenen gibt dem vom Leben gezeichneten König das Gold zurück, gibt dem Verwundeten die Myrrhe als Medizin, macht den Leidensfähigen zum Liebesfähigen.
Ich rede vom Gebet. Denn schließlich erhält der Beter den Gottesfunken des ewigen Lebens neu ins Herz gelegt. Der Weihrauch, der das bezeichnet, wenn wir beräuchert werden, preist und würdigt die Gottebenbildlichkeit. Noch bei der Beisetzung werden unsere sterblichen Überreste beräuchert mit der Zusage: „Dein Leib war Gottes Tempel. Der Herr schenke dir ewige Freude.“

Bei jedem Beten sind wir auf dem Pilgerweg, der ankommt. Bei jedem betenden Ritual spielen wir das Dreikönigsspiel unserer Würde, unserer Lebens- und Liebeswunden, unserer Gottebenbildlichkeit. Das sind die Gaben des Kindes, das unserer Jahre Gestalt annimmt und all unser Wesen mit uns teilt.

Pater Meinrad Dufner OSB