Rätselhaftigkeit und Glaube
Impuls von P. Fidelis Ruppert OSB am 2. Fastensonntag.
Kürzlich habe ich ein Zitat des Theologen Heinz Robert Schlette gelesen:
Die Rätselhaftigkeit ist unsere fundamentale Wahrheit – alles Übrige ist Interpretation.
Das hat mich stutzig gemacht und nachdenklich. Eigentlich sind wir der Meinung, dass unser Leben einigermaßen geordnet, überschaubar und planbar ist und auch so sein soll. Wir kennen uns einigermaßen aus und wissen „wie es geht“! Das mag phasenweise stimmen, vor allem in unserem friedlichen und recht wohlhabenden Europa.
Im größten Teil der Welt sah es auch bisher schon ganz anders aus. Und dann ist plötzlich auch vor unserer Haustüre Krieg, einschließlich der Angst vor einem atomaren Weltkrieg.
Und vorher hatte uns schon die Pandemie im Griff mit all ihren gesundheitlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen. Und dazu noch die nicht enden wollende Kirchenkrise mit all ihren Verwerfungen und Fluchttendenzen. Vielleicht war unsere Sicherheit nur eingebildet, blind für die brüchigen Realitäten, in denen wir leben.
Plötzlich stehen wir wirklich vor lauter Rätseln und Unwägbarkeiten. Und wo bleibt Gott? Vor vielen Jahren hat uns schon Karl Rahner ins Stammbuch geschrieben: Glauben heißt: die Unbegreiflichkeit Gottes ein Leben lang aushalten.
Er meint einen Glauben, der nicht erwartet, dass Gott meine Probleme löst, sondern der die Kraft gibt, die Rätselhaftigkeit des Lebens und die Unbegreiflichkeit göttlicher Fügung auszuhalten – um daran zu wachsen und die Wurzeln tiefer zu bohren.