Pater Anselm trifft den Dalai Lama
Beim diesjährigen Besuch des Dalai Lama in Deutschland trafen sich erstmals Pater Anselm Grün und das tibetische Mönchsoberhaupt zu einem Austausch über christliche und buddhistische Weisheitslehre.
In einer Podiumsdiskussion in der Frankfurter Commerzbank-Arena sprachen sie vor ca. 8.000 Besuchern unter dem Leitthema „Innerer und äußerer Frieden“. Der 3Sat-Moderator Gert Scobel moderierte die Diskussion, an der auch der amerikanische Zen-Meister Bernhard Glassmann teilnahm.
Bei allen dreien herrschte Einklang darüber, dass innerer und äußerer Friede sich gegenseitig bedingen. Es kann nicht das alleinige Ziel sein, in Gebet und Meditation nur den eigenen inneren Frieden anzustreben – das führt zu Narzissmus. Vielmehr geht es darum, den Frieden auch in die Welt zu bringen. Das Gebet muss nach außen gehen, wie es z.B. im benediktinischen „Ora et Labora“ verwirklicht und gelebt werden will. So wird es zum authentischen Gebet, das authentisches Leben im Sinne der Bergpredigt hervorruft.
Die Gemeinsamkeiten in den Lehren der verschiedenen Religionen und Traditionen waren auch zu erkennen, als der Dalai Lama vom Mitgefühl mit seinen Feinden sprach. Was soll man tun, wenn jemand Böses will oder gar nach dem Leben trachtet, will Moderator Gert Scobel wissen. "Weglaufen und sich verstecken", lacht der Dalai Lama um ernst anzufügen, dass er zwischen Handlung und Handelnden unterscheide. "Ich muss ein angemessenes Mittel finden, um die Handlung zu stoppen, aber mein Mitgefühl darf nicht enden".
Die wichtige Unterscheidung zwischen Person und Handlung findet sich auch in der 1500 Jahre alten Benediktsregel, wo es heißt, der Abt soll die Fehler hassen, aber die Brüder lieben (RB 64,11). Damit sollen die Mönche das Gebot der Feindesliebe aus der Bergpredigt Jesu in ihrem Alltag die Tat umsetzen.
Nach der Diskussion hatte Pater Anselm die Gelegenheit, mit dem Dalai Lama von Mönch zu Mönch im kleineren Kreis zu sprechen.
Unter den Besuchern aus aller Welt waren neben den Buddhisten auch viele Christen zu finden, die sich für die Lehren des Dalai Lama interessierten. Viele freuten sich über die Präsenz der Kirche durch die Benediktiner. Die Resonanz im Publikum und viele kleine Begegnungen nach der Veranstaltung bestätigten dies. Das Interesse an und der Austausch mit den anderen Religionen sind heute selbstverständlich. Für die Mission der Zukunft ist ein interreligiöser Dialog nicht verzichtbar.