Bolivien trifft Münsterschwarzach
Den 18. Oktober haben sich die Mönche von Münsterschwarzach in ihrem Terminkalender rot angestrichen, denn an diesem Tag findet der Weltmissionssonntag der Abtei statt. Ab 10 Uhr strömen bis zu 2000 Besucher auf das Klostergelände, um sich über die Arbeit der Benediktiner weltweit und vor Ort zu informieren sowie das Beispielland Bolivien kennen zu lernen. Die Mischung dabei ist bewährt: Gottesdienste, Stände, Darbietungen, Diskussionen und Mitmachaktionen werden zwischen Abteikirche und Schulgelände geboten. Am Egbert-Gymnasium gibt es zudem ausgedehnte Parkmöglichkeiten.
Das Beispielland Bolivien näher bringt Erzbischof Edmundo Abastoflor Montero aus La Paz. Er hält den Festgottesdienst um 10 Uhr und diskutiert am Nachmittag um 16 Uhr mit Fachleuten über „Junges Netzwerk weltweit“. Der Erzbischof gilt in seiner Heimat als ein Mann des Ausgleichs, obwohl er immer klare, eindeutige Positionen vertritt.
Ebenfalls aus Bolivien kommt das 20köpfige Ensemble Moxos. Die junge Truppe gestaltet den Gottesdienst mit und präsentiert bei einem Konzert um 14 Uhr in der Schulaula eine einzigartige Mischung aus Barockmusik und bolivianischer Folklore, Tanz und Gesang. Aus dem Nachbarland Peru stammt Maximiano Ochante Lozano. Dem bekannten Kunsthandwerker aus Lima kann man in einer eigens für ihn eingerichteten Werkstatt im Fair-Handel MARKT über die Schulter schauen. „Retablos“ heißen die farbenfrohen Schrankbilder, die er in seiner Werkstatt in Lima fertigt und die meist religiöse Motive verarbeiten.
Beim Mittagessen ab 11.30 Uhr oder bei Kaffee und Kuchen bietet sich die Möglichkeit zur Begegnung mit den Mönchen. Aber auch ein Rundgang über das Abtei- und Schulgelände lohnt sich, denn dort gibt es ebenfalls ab 11.30 Uhr einen bunten Markt der Möglichkeiten. Geboten werden u.a. Informationen zur Mission, Produkte aus den Klosterbetrieben, ein Flohmarkt, Kinderschminken oder eine Leseecke. Zudem kommt der Zauberer Enrico, es gibt einen Pferdezirkus und für Weltwärts-Freiwillige wird ein Treffpunkt eingerichtet. Das Fest schließt mit einem Vespergottesdienst um 17 Uhr.
Das Ensemble Moxos
Einfühlsam, mitreißend, stets aber die Herzen des Publikums berührend: So präsentiert sich das Moxos-Ensemble in seinen Konzerten. Die 20köpfige Truppe, die in traditionellen, fließenden Gewändern auftritt und sich derzeit auf Europatournee befindet, versteht es, das Publikum zu begeistern. Ob auf europäischen Geigen oder traditionellen bolivianischen Instrumenten, die jungen Künstler agieren auf hohem Niveau und sprühen vor Lebensfreude.
Das Ensemble Moxos kommt aus San Ignacio. Der Ort liegt im bolivianischen Tiefland in der Moxos-Ebene, mit über 100.000 km² eines der größten Feuchtgebiete der Erde. Im Jahr fallen dort fast 2000 Millimeter Niederschlag, die Durchschnittstemperatur liegt bei 26 Grad. In der 10 000-Einwohner-Stadt wurde 1994 eine Musikschule auf Initiative der baskischen Ordensfrau María Jesús Echarri ins Leben gerufen. Aus den ursprünglich zehn Kindern und einigen Blockflöten sind heute über 300 Kinder und Jugendliche geworden. Die Musikschule unter der Leitung von Raquel Maldonado fördert den Nachwuchs in Gesang und allen klassischen europäischen Orchesterinstrumenten, aber auch in traditionellen einheimischen Blas- und Schlaginstrumenten und künstlerischem Tanz. Dabei werden Mädchen und Jungen gleichermaßen ermutigt, gefördert und beteiligt.
Die Musikschule erhält keinerlei staatliche oder kirchliche Unterstützung, sondern finanziert sich durch Zuschüsse von Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs), Spenden und den Verkaufserlös ihrer CDs. Auch die internationalen Tourneen dienen dazu, den Unterhalt der Musikschule zu gewährleisten und die musikalische Ausbildung der Kinder und Jugendlichen zu subventionieren, da die Bevölkerung von San Ignacio zu den ärmsten Schichten innerhalb Boliviens gehört.
Die europäische Barockmusik, die die Jesuiten-Missionare im 17. und 18. Jahrhundert aus ihrer Heimat mitbrachten, fand eine erstaunliche Resonanz bei der indianischen Bevölkerung Südamerikas. Bald schon wurde in den Reduktionen (Siedlungen) der Jesuiten nicht nur gesungen und gespielt, sondern auch komponiert, europäische Barockmusik mit einheimischen Melodien und Texten kombiniert und verschmolzen. Der Barock-Komponist Domenico Zipoli (1688 - 1726) ist ein renommierter Vertreter dieses erstaunlichen Prozesses.
Nach der Ausweisung der Jesuiten aus politischen Gründen lebte vor allem die musikalische Tradition in den Dörfern weiter. Seit rund 20 Jahren werden in den ehemaligen Reduktionen im heutigen Argentinien, Bolivien und Paraguay systematisch die Archive aufgearbeitet, parallel dazu werden in Musikschulen junge Menschen auf hohem Niveau ausgebildet und so mit der reichen kulturellen Tradition ihres Volkes vertraut gemacht. Regelmäßig treten Ensembles aus den Reduktionen in Deutschland und ganz Europa auf und schlagen so wiederum die Brücke zu dem Kontinent, von dem aus die Barockmusik nach Lateinamerika kam.