Auferstehung als Lebenskunst
Liebe Schwestern und Brüder!
„Lasst euch durch die Feuersglut nicht verwirren, die zu eurer Prüfung über euch gekommen ist, als ob euch etwas Ungewöhnliches zustoße.“
Mit diesem etwas ungewöhnlichen Satz beginnt die heutige Lesung aus dem 1. Petrusbrief. Im Lektionar ist dieser Satz ausgelassen, ich habe ihn wieder einfügt, weil er ein Schlüssel für diesen Text ist.
Dieser 1. Petrusbrief richtet sich an Christen, die als Minderheit unter lauter Heiden leben und von diesen ständig beschimpft und unterdrückt werden. Diese Bedrängnisse werden hier mit einer Feuersglut verglichen, denen die Christen pausenlos ausgesetzt sind. Also eine schwer zu ertragende Situation.
Und da klingt es doch recht provozierend, wenn es dann heißt:
„Lasst euch durch die Feuersglut nicht verwirren……. als ob euch etwas Ungewöhnliches zustoße.“
Das heißt also, diese Probleme seien nichts Ungewöhnliches,
es sei normal für diese Christen, dass sie unterdrückt und bedrängt werden.
Und immer wieder heißt es in diesem Brief, dass diese Situation einen tieferen Sinn hat,
dass all diese Leiden eine Herausforderung für ihren Glauben sind.
Der Brief macht aber auch Mut und erinnert diese Christen ständig daran, dass sie bei all dem nicht allein sind,
dass seit ihrer Taufe der Auferstandene ihnen nahe ist und mit ihnen geht.
Jetzt sei ihr Auferstehungsglaube gefragt – im Alltag.
Der Schreiber dieses Briefes ist da zuversichtlich.
Schon zu Beginn des Briefes teilt er für diese Christen Vorschusslorbeeren aus, wenn es da heißt: „Es wird sich zeigen, dass euer Glaube wertvoller ist als Gold, das im Feuer geprüft wurde.“
Wenn sie also durch das Feuer dieser Prüfung gegangen sind, dann wird deutlich werden, dass ihr Glaube so fest und so kostbar ist wie Gold – fest und durchs Feuer gegangen und strahlend wie Gold.
„Auferstehung als Lebenskunst“, lautet der Titel eines Buches, in dem es um Erfahrungen geht, wo aus der Kraft der Auferstehung, aus der Nähe zum Auferstandenen das eigene Leben bewältigt und gestaltet wird. Das ist: Auferstehung als Lebenskunst.
Für die frühen Christen trifft das sicher zu. Wir bewundern ihren Glauben und ihr Durchhaltevermögen.
Aber können wir die heutige Lesung auch direkt auf uns beziehen?
Ja, das sollen wir sogar. Es ist auffallend, dass an allen Sonntagen nach Ostern – bis hin zum heutigen Sonntag – jedes Mal ein Stück aus dem 1. Petrusbrief gelesen wird. Die Texte werden uns also die ganze Osterzeit sozusagen als nachösterliche Botschaft vorgelegt: Was damals den verfolgten Christen gesagt wurde, das sollen wir jetzt auf unsere eigene Situation anwenden.
Bei uns, in unseren Breiten jedenfalls, gibt es keine Christenverfolgung. Aber wir haben unsere eigenen Probleme, die uns auf den Nägeln brennen:
vielleicht sehr konkrete Probleme, in denen wir gerade persönlich drinstecken, also persönliche Feuersgluten,
oder Sorgen und Ängste, die unsere Gesellschaft betreffen oder die Zukunft der Kirche.
Wir können uns mal kurz erinnern, was uns gerade so umtreibt…..
Und dann können wir uns den Satz aus der heutigen Lesung sagen lassen:
„Lasst euch durch die Feuersglut nicht verwirren, die zu eurer Prüfung über euch gekommen ist, als ob euch etwas Ungewöhnliches zustoße.“
Klingt wohl etwas überraschend; wir kämen nicht so schnell auf die Idee, uns diesen Satz vorzusagen, so als ob solch heiße Situationen unseres Lebens das Normale sein sollten.
Wir denken doch eher, dass das Leben ruhig und einigermaßen problemfrei verlaufen sollte. Aber die Bibel ist da anderer Meinung, und auch in anderen Kulturen hält man es für ziemlich selbstverständlich, dass das Leben ständig neue Herausforderungen produziert.
Ich habe dazu mal etwas Eindrucksvolles erlebt. Ich war in Uganda, in Ostafrika und habe dort an der Ewigen Profess eines Mitbruders teilgenommen. Eine sehr feierliche, lebhafte und fröhliche Feier. Am Ende trat ein alter Mann vor, er war ein Nachfahre des letzten Königs dieser Region. Er sagte, er wolle dem jungen Mitbruder einige Worte mitgeben, die aus ihrer afrikanischen Tradition stammen. Er sagte auf Englisch:
1. A man never give up – Ein Mann gibt niemals auf. Er hält, was er verspricht.
2. Never say: why me?! – Sag niemals: warum denn ich?
3. Say always: what next?! – Sag immer: was kommt jetzt als Nächstes?
Das heißt also, er soll immer auf neue Herausforderungen gefasst sein – und sie anpacken, ohne sich zu beklagen. Ohne viel Selbstmitleid.
Ich habe mir diese Worte sofort ins Tagebuch geschrieben und immer wieder mal daran gedacht, wenn es bei mir wieder mal heißer zuging, als mir lieb war. Das hat mir dann einen neuen Schubs gegeben….
Diese Worte passen zum 1. Petrusbrief – dass all das Schwere nicht etwas Ungewöhnliches ist, sondern ganz normal zum Leben gehört.
Aber der Petrusbrief fügt dann immer auch den Trost hinzu, dass die Kraft des Auferstandenen uns beisteht.
Roger Schutz, der Gründer von Taizé, sagte einmal jungen Menschen, sie sollten sich vorstellen, dass der Auferstandene hinter ihnen steht und immer und überall mit ihnen geht. Mit dem Auferstandenen zusammen das Leben gestalten….
Und in der heutigen Lesung wird noch hinzugefügt: Habt Vertrauen, „denn der Geist Gottes ruht auf euch.“
Und so können wir das Bild von Roger Schutz ergänzen: Der Auferstandene steht immer hinter uns, legt seinen Geist auf mich, haucht seinen Geist in mich hinein, als Kraft zum Weitergehen – trotz allem. Hier mündet die nachösterliche Botschaft in das bevorstehende Pfingstfest: Habt Vertrauen, denn der Geist Gottes ruht auf euch und wohnt in euch
Und Roger Schutz fügt noch hinzu: Je häufiger wir dieses Bild vom Auferstandenen und seinem Geist in uns wach rufen, desto tiefer prägt es sich ein und wirkt von innen.
Wörtlich sagt er:
Dann werden wir „jeden Morgen nicht nur das Kreuz, sondern auch das Fest der Auferstehung tief in uns wiederfinden.“ (und nochmals)
Dann werden wir „jeden Morgen nicht nur das Kreuz, sondern auch das Fest der Auferstehung tief in uns wiederfinden.“
Auferstehung als Lebenskunst – in der Kraft und Freude des Heiligen Geistes.
P. Fidelis Ruppert OSB