Künstlerpater Polykarp Uehlein verstorben
Am Abend des 23. März 2022 um 22.10 Uhr verstarb in der Infirmerie unser lieber Mitbruder P. Polykarp (Otto) Uehlein OSB.
Wie eine große Wandmalerei in Kirchen oder Ausstellungen, wie eine reiche Bibliothek alter und neuester Literatur, wie ein vieltöniges Konzerthaus, so ist das Leben des Verstorbenen. Das hier Berichtete kann nur eine Skizze davon sein.
Polykarp wurde am 15. Februar 1931 in Amorbach, im Schatten der ehemaligen Abtei, geboren. Die Eltern betrieben eine Kaffeerösterei und einen Kolonialwarenladen. Vater Heinrich war Kaufmann, die Mutter Auguste Studienrätin. Zwei Brüder folgten dem Erstgeborenen Otto, wie P. Polykarp mit Taufname hieß. Die starke Prägung durch das Elternhaus wurde vertieft durch gute Schulerfahrungen in der Volksschule Amorbach, in der Oberschule bis zum Abitur in Miltenberg 1949.
Danach begann Otto Theologie in Würzburg zu studieren. Nach zwei Semestern trat er zum 1. September 1950 in die Abtei ein. Am 11. September 1950 bekam er den Klosternamen Polykarp, mit dem er auch seine unendlich vielen Kunstwerke später signierte. Am 12. September 1951 legte er die Zeitlichen Gelübde ab, am 26. September 1954 die Feierlichen. Von 1951 bis 1957 war er Student für seinen kirchlichen Beruf in St. Ottilien und Würzburg. Am 1. Juli 1956 erhielt P. Polykarp die Priesterweihe.
Von 1957 bis 1959 wurde er zum Studium nach England geschickt, um sich für den Lehrberuf zu qualifizieren. Doch Kunst und Musik fesselten den jungen Studenten noch mehr, so dass ab 1959–63 ein Kunststudium am Städel in Frankfurt folgten. Persönlichkeiten wie Prof. Burkhard und Georg Meistermann prägten den angehenden Künstler. Mitten aus dieser Ausbildung schickte man P. Polykarp nach Tansania in die Abtei Ndanda, wo er landeseigene Religionsbücher illustrieren sollte. Der im Laufe der Jahre zu einem großen Interpret der Hl. Schrift werden sollte, wurde aber nie ausgesandt mit umgehängtem Missionskreuz.
P. Polykarp bei der Arbeit
So blieb P. Polykarp seit 1963 bis zu seinem Krankheitsausbruch während des Heimaturlaubes 2019 der Malermönch von Ndanda/Tansania und von Münsterschwarzach. In Afrika ist seine Kunst in den Ländern Tansania, Kenia und Togo zu finden. Wohl über 50 Wandmalereien in Kirchen, Klöstern und Krankenhäusern verkünden die biblische Botschaft. Um diesem Werk Bestand zu verleihen, hat P. Polykarp auch einige afrikanische Schülerinnen und Schüler in der Malerei zu selbständigen Künstlern ausgebildet.
In Deutschland, der Schweiz und den USA gibt es kirchliche Häuser, die durch Wandmalereien oder Glasfenster von P. Polykarp geprägt sind. Seine übrige Malerei auf Leinwand und Papier, die ernsten und leichten wie auch satirischen Bilder wurden in unzähligen Ausstellungen zwischen 1964 bis 2021 gezeigt. Ihre Würdigung ist an anderen Stellen mehrfach erfolgt.
Hier soll noch mehr vom Menschen P. Polykarp gesagt sein und damit natürlich auch von der Kunst, die ihn ja spiegelt. Noch zu der Zeit, als Priester- und Brudermönche in zwei Klassen sich aufteilten, hatte P. Polykarp den Ruf, ein „Pater, der ein Bruder ist“, wegen seiner Nähe und herzlichen Offenheit. Als in den 70er Jahren die Umstellung auf muttersprachliches Chorgebet kam, war er in Ndanda wie in Münsterschwarzach ein wichtiger Mitarbeiter dieser Projekte. Aus seiner Feder stammen mehrere Hymnen unseres Chorgesanges. Vom Prediger P. Polykarp begleitet manchen seit Jahren das „Ohr des hl. Josef“, von dem er ganz eindringlich sprach. Kein Wunder, denn der Maler war auch ein Musiker. Im Atelier oder von krächzenden Plattenspielern in Tansania klang es raumfüllend: Gustav Mahler, Mozart oder Operngesang.
Polykarp war in alter und neuester Literatur unterwegs. Philosophie, Romane, Biografien und Lyrik wohnten in ihm. Und in freundschaftlichen Gesprächen bekam man davon geschenkt.
Für den Bildband über Münsterschwarzach und die Missionsarbeit (1980) erstellte P. Polykarp den einprägsamen Text. Dem Buch gab er das Regelzitat „Damit in allem Gott verherrlicht werde“ zum Titel. Das ist auch ein Titel seines vielseitigen Lebenswerkes. Gelegentlich zweifelte der freie Künstler an seinem Mönchsein. Aber der hl. Benedikt verheißt als Endgestalt des Mönchsweges „ein offenes Herz“. So einer war P. Polykarp durch und durch, was zeigt, wie sehr sich sein Leben rundete.
Am Montag, den 28. März 2022 feiern wir dafür den Dankgottesdienst. Anschließend legen wir ihn auf dem Klosterfriedhof zu Grabe.
Münsterschwarzach, 25. März 2022
Abt Michael und Konvent von Münsterschwarzach
Abt Christian und Konvent von Ndanda / Tansania