Liebe und Feuer durch den Heiligen Geist
Predigt von P. Maurus Schniertshauer OSB am 7. Sonntag in der Osterzeit
Liebe Schwestern und Brüder
„Komm herab, o Heiliger Geist und entzünde in uns das Feuer deiner Liebe“ – so heißt es in einem Gebet für die Pfingstnovene, diese neun Tage zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten, in denen wir jedes Jahr in ganz besonderer Weise um Gottes guten und heiligen Geist für uns und für unsere Welt bitten.
„Komm, und entzünde in uns das Feuer deiner Liebe“
Zu dieser Bitte passt die Lesung aus dem 1. Johannesbrief: „Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm“.
Liebe und Feuer – das sind die Erkennungszeichen des Heiligen Geistes! Und diese Liebe und dieses Feuer, die sollen immer wieder unsere kalten und gleichgültigen Herzen zum Schmelzen bringen und auftauen – so jedenfalls hat es Papst Franziskus in einem seiner Briefe (zur Fastenzeit 2015) einmal zum Ausdruck gebracht.
Die Gleichgültigkeit, so hat Papst Franziskus da geschrieben, die Gleichgültigkeit, das ist die große Gefahr und Versuchung, von der wir Christen und unsere Gesellschaft heute bedroht sind!
Der Gleichgültige, so sagt Papst Franziskus, hat nur sein Leben und sein Wohlergehen im Sinn. Fast unmerklich wird er unfähig, Mitleid zu empfinden gegenüber der Not von anderen. Es interessiert ihn nicht. Es lässt ihn kalt!
Liebe Schwestern und Brüder,
gegen die Gefahr, dass unser Herz abstumpft und gleichgültig wird und uns alles, was nicht uns und unser eigenes Wohlergehen betrifft, kalt und unberührt lässt, gegen diese Gefahr, und diese, wenn wir ehrlich sind, durchaus reale Versuchung in unserem Leben, müssen wir immer wieder angehen und ankämpfen!
„Wärme du, was kalt und hart, löse, was in sich erstarrt“ – so lautet eine der Bitten der Pfingstsequenz.
Um Gottes auftauende und wärmende Kraft bitten wir in diesen Tagen vor Pfingsten. Und wir sollten das – glaube ich – nicht bloß so oberflächlich und mit halbem Herzen tun, denn die Gefahr, dass die Liebe in unserem Leben und in unserer Welt den Kältetod erleidet und unter einem dicken Eispanzer erstarrt, die ist leider kein Märchen, auch wenn sie in einem Märchen von Wilhelm Hauff mit dem Namen „Das kalte Herz“ ganz trefflich beschrieben wird. Den Vers „Schatzhauser im Tannenwald, bist schon viel hundert Jahre alt. Dir gehört all Land, wo Tannen stehn – lässt dich nur Sonntagskindern sehn“ kennen sie vielleicht. Peter Munk, ein Köhler aus dem Schwarzwald verkauft sich in diesem Märchen an den Holländermichel. Als Preis für seine Hilfe fordert der Holländermichel Peters Herz. Dafür soll Peter einen kalten Stein in die Brust und 100.000 Taler bekommen.
„Das kalte Herz“ ist nicht nur ein Märchen, sondern es ist eine nur allzu reale Gefahr im Leben eines jeden Menschen. Zu „Inseln der Barmherzigkeit mitten im Meer der Gleichgültigkeit“ sollten wir Christen werden, so hat Papst Franziskus gesagt.
„Inseln der Barmherzigkeit mitten im Meer der Gleichgültigkeit“. Wer so eine Insel sein will, der braucht ein Herz, das sich vom Heiligen Geist durchdringen und auf den Weg der Liebe führen lässt! Denn nur die Kraft der Liebe kann die tödliche „Selbstverschließung der Gleichgültigkeit“ aufsprengen und die vielen Formen der Hartherzigkeit überwinden.
„Komm Heiliger Geist und entzünde in uns das Feuer deiner Liebe“ – wenn wir wirklich von ganzem Herzen so zu Gott beten und unser Herz für seinen Heiligen Geist öffnen, dann können mitten im Meer der Gleichgültigkeit tatsächlich Rettungsinseln der Barmherzigkeit auftauchen!
Rettungsinseln – gemeint sind damit Menschen, die es nicht kalt und unberührt lässt, wie es anderen geht! Gemeint sind damit Menschen, die für andere so eine Art Zufluchtsort sind! Gemeint sind damit Menschen, die ihr Herz nicht verschließen, sondern es für andere öffnen!
Liebe Brüder und Schwestern,
„Ich lasse euch nicht allein! Ich lasse euch nicht ohne Beistand! Ich lasse euch nicht verwaist zurück“! Das ist das Versprechen, das Jesus an Himmelfahrt seinen Jüngern gegeben hat. Es ist sein Versprechen auch an uns heute. Es ist ein Versprechen an uns, aber auch ein Auftrag! Denn diesen Geist des Beistands, den wir an Pfingsten einatmen dürfen, den sollen wir auch ausatmen, hinaus in unsere Umgebung und in unsere Welt.
Jede Gemeinschaft lebt von Menschen, die dazu beitragen, dass in der Gemeinschaft das Klima und die Atmosphäre stimmt. Wo solche Menschen da sind, da ist immer der Geist am Werk, den die Bibel Lebensatem nennt.
Lebensatem, weil wir ihn ausatmen sollen hinein in unsere Umgebung; und Lebensatem weil wir ihn einatmen dürfen, dort wo wir uns in einer guten Atmosphäre zuhause fühlen. Mit dem guten Geist Gottes, da ist es wie mit der Luft, man kann nur einatmen, wenn man auch ausatmet! Da ist immer Einströmen und Ausströmen, Empfangen und Weitergeben.
Liebe Mitchristen,
wo wird der Geist Jesu ausgeatmet? Dort, wo wir andere erfahren lassen, du bist nicht allein, du kannst auf mich zählen, ich steh zu dir!
Wo wird der Geist Jesu ausgeatmet? Dort, wo wir durch unsere Ausstrahlung, an einer Atmosphäre mitwirken, die durch gegenseitige Achtung und Liebe geprägt ist!
Wo können wir den Geist Jesu einatmen? Dort, wo wir spüren dürfen, du bist nicht verlassen und allein; dort, wo uns eine Atmosphäre entgegen atmet, die von der Liebe geprägt ist, die uns annimmt und bejaht!
„Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm“. Die Worte mit denen die Lesung aus dem ersten Johannesbrief geendet hat, laden uns ein, um diesen guten Geist der Liebe zu bitten, nicht nur für uns allein, sondern für alle Menschen dieser Erde. Amen.