Ermutigung zur Aussaat
Predigt von P. Maurus Schniertshauer OSB am Sonntag der 15. Woche im Jahreskreis.
Vom Sämann, von den Saatkörnern und vom Ackerboden spricht uns dieses Evangelium heute. Und natürlich ist ganz klar, dass es Jesus dabei nicht um eine Anweisung für Landwirte geht, wie sie denn ihre Landwirtschaft betreiben sollen, sondern es geht ihm um ein Bild für unser menschliches Leben.
Der Ackerboden, damit sind wir Menschen gemeint. Adam – der Name des ersten Menschen, der uns in der Bibel genannt wird, heißt übersetzt: Der vom Ackerboden genommene! Ackerboden – auf Hebräisch: Adama! Wie Ackerboden, so sagt uns dieses Bild, wie Ackerboden ist unser Leben. Nämlich: aufnahmefähig! Aufnahmefähig für Erfahrungen, für Beispiele, für Worte und Taten!
Dass unser Leben freilich immer guter und fruchtbarer Boden ist – das wird uns da nicht gesagt! Nein, der Ackerboden unseres Lebens ist manchmal ganz schön zertrampelt: Da sind dann zu viele Leute über unser Leben gelaufen! Oder er ist an manchen Stellen nicht tief, ist felsig oder steinhart, von der Sonne versengt oder wird von Dornen und Unkraut überwuchert.
Es wäre ja schön, wenn in unserem Leben immer alles in schönster Blüte stünde und wir uns an den reich heranwachsenden Saaten freuen könnten. Aber wir alle wissen und merken es ja immer wieder, unser Leben ist manchmal doch ein recht steiniger Acker! Und dass der Sämann, von dem uns das Evangelium da heute erzählt, angesichts einer solchen Bodenbeschaffenheit, überhaupt anfängt, seinen Samen auszusäen, das gleicht schon fast einem Wunder!
Ob dieser Sämann denn überhaupt ein guter und kluger Sämann sei, hat mich einmal ein Schüler gefragt. Ob der Sämann nicht hätte besser aufpassen sollen, wohin er seine Saatkörner ausstreut und sich ein besseres Stück Ackerboden hätte aussuchen sollen?
Liebe Brüder und Schwestern.
Wenn es um normale Landwirtschaft ginge, dann wären diese Fragen natürlich berechtigt! Aber es geht ja um unser menschliches Leben. Und da bin ich dem göttlichen Sämann dann doch dankbar dafür, dass er nicht spart und nicht knausert und sich nicht davon abhalten lässt, wenn der Boden unseres Lebens nicht die allerbeste Bodengüteklasse aufweist. Unbeirrt sät er seine Liebe, seine Worte, seine Taten in unser Leben aus.
Mag auch ein Teil verdorren, mag manches von Dornen erstickt und überwuchert werden, mag manches nicht aufgehen und keine Frucht bringen – der Teil der Wurzel schlägt und aufgeht, der lohnt alle Mühe!
Liebe Brüder und Schwestern,
"Wer Ohren hat zu hören, der höre" – das ist der letzte Satz dieses Gleichnisses und vielleicht erinnert er uns ja auch ein wenig an das, was der Heilige Benedikt in seiner Regel geschrieben hat: "Höre, mein Sohn und neige das Ohr deines Herzens". Es geht um ein tieferes Hinhören, um ein Hineinhorchen in das, was uns Jesus sagt!
Und was sagt er mir nun mit diesem Gleichnis? Es kann sein, dass mir dieses Gleichnis gar nichts sagt! Kann sein! Dann ist das Wort eben auf den Weg gefallen! Das kommt öfters vor. Das ist auch nicht so schlimm! Ja, ich meine das wirklich so! Jesus wird andere Worte aussäen, da muss nicht jedes aufgehen und Frucht bringen. Vielleicht schon nächsten Sonntag. Vielleicht ist da schon das Wort dabei, dass mich bis ins Herz hinein trifft.
Was sagt mir dieses Gleichnis? Vielleicht höre ich ja auch ein tieferes Wort an mich heraus! Es könnte ja sein, dass hier in unserer Kirche einige Leute sitzen, die das Gefühl haben, von der Arbeit und Mühe, die sie sich täglich machen, sei doch ein großer Teil vergeblich und umsonst. Vielleicht hören die das Wort: Mach weiter! Lass dich nicht entmutigen! Auch wenn drei Viertel deiner Mühe umsonst ist, der Rest, der Frucht bringt, lohnt den Einsatz!
Möglicherweise sitzen hier auch ein paar Menschen, die versuchen in ihrer Umgebung die Saat der Freundlichkeit und der gegenseitigen Hilfsbereitschaft auszusäen – und die noch keine Früchte sehen. Vielleicht, dass sie in diesem Gleichnis heute ein Wort der Ermutigung und des Trostes hören. Wenn wir so ein tieferes Wort an uns heraushören, dann sollten wir es im Herzen bewahren, darüber nachsinnen, uns von seiner Kraft erfüllen lassen, indem wir es wiederkäuend meditieren, und es in unseren Alltag mitnehmen.
Liebe Mitchristen, mir scheint, dieses Evangelium heute lehrt uns, den Blickwinkel Jesu zu verstehen.
Er hat nicht voller Zorn und Enttäuschung immer nur auf das geschaut, was vergeblich war und keine Frucht gebracht hat, sondern er hat unverdrossen daran festgehalten, das Gute wie Saatkörner auszustreuen, im Vertrauen darauf, dass ein Teil davon – und sei es auch der kleinere – schon Frucht bringen wird, und dass diese Frucht seinen Einsatz lohnt.
Wenn Jesus bei dem, was er an Gutem in unser Leben hinein sät, nicht knausert und nicht spart und sich durch so manche Misserfolge nicht abhalten lässt, dann sollten wir uns das glaube ich, das auch als Vorbild für unser eigenes Handeln nehmen.
Unbekümmert und ohne Knausern sollen wir aussäen! Gute Worte und gute Taten! Taten der Liebe, Taten der Hilfeleistung! Die kleinen und die größeren Zeichen der Aufmerksamkeit für einen anderen Menschen. Worte, die Mut machen, Worte die aufrichten, die trösten, die die Richtung weisen.
Ob der Sämann nicht hätte besser aufpassen sollen, wohin er die Saatkörner ausstreut? Nein, ich glaube, er hätte nicht besser aufpassen sollen!
Ich bin Gott jedenfalls dankbar, dass er nicht zuerst die Chancen berechnet, die es haben wird, wenn er seine guten Taten und Werke in mein Leben aussät, ich bin ihm dankbar, dass er da nicht knausert und ängstlich berechnet, ob es sich wohl auch lohnen wird. Ich bin Gott dafür dankbar, dass er nicht spart und knausert und rechnet – und ich glaube, auch wir Menschen sollten in unserem Umgang miteinander dem Vorbild Gottes folgen.
Wir sind dann, wenn wir einfach das Gute tun und anderen Gutes schenken,- wir sind dann, wenn wir nicht immer sofort fragen, ob es sich auch lohnen wird und ob auf diesem Boden überhaupt etwas Gutes wachsen kann, keine schlechten Säleute, sondern solche, wie sie Gott gefallen.
Amen.