Das liebende Herz
Predigt von P. Jesaja Langenbacher OSB am Ostersonntag in der Abteikirche Münsterschwarzach zu Joh 20, 1-9.
Liebe Schwestern und Brüder im Glauben, liebe Auferstehungs- und Festgemeinde,
es freut mich sehr, dass wir alle heute früh hier zusammen Auferstehung feiern, die Auferstehung Jesu – und damit auch unsere Auferstehung!
Nachdem es für die Jüngerinnen und Jünger damals schon so schwer war: Wie können wir die Frohe Botschaft von der Auferstehung heute für uns verstehen? Neben der Auferstehung am Ende unseres Lebens geht es auch um unsere "Auferstehung im Leben".
Der Schlüssel zum Verstehen der Osterbotschaft ist das liebende Herz. Im heutigen Evangelium begegnet es uns in der Person von Maria von Magdala – und in "dem Jünger, den Jesus liebte".
Maria kennt die Dunkelheit im eigenen Leben. Maria kennt das dunkle Grab. Mit ihr können wir uns selbst fragen: Was in meinem Leben ist immer noch dunkel? Was in meinem Leben liegt verborgen in meinem Dunkel, in meinem Grab, in meiner Unterwelt? Was liegt verborgen in meinem unbewussten Feld des Todes. Was alles durfte in mir nicht leben und ist hinabgesunken in das "Reich Todes"? Dort liegt es nun und wartet auf das "Gesehen-werden", das "Leben-dürfen".
Vielleicht durfte ich als Kind nicht so frei singen und laut sein, wie ich das gerne wollte? Vielleicht wollte ich einmal nichts essen, oder eben nicht eine bestimmte Speise und wurde dazu gezwungen. Vielleicht hatte ich den Eindruck, ich darf nicht so sein, wie ich eigentlich bin; ich muss sein wie alle anderen. Und wenn mir das immer wieder so ging, habe ich mir irgendwann ein anderes Selbstbild zugelegt, das vielleicht von den anderen geliebt wird.
Dabei ist mein eigentliches Selbst – oder Teile davon – hinabgesunken in tiefere Schichten meines Unterbewusstseins. Und dort warten meine Anteile (des inneren Kindes) bis sie endlich wieder zum Leben kommen dürfen, bis sie auferstehen!
Und heute glauben wir oftmals, dass wir immer noch nicht die sein dürfen, die wir eigentlich sind. Obwohl die Erziehungssituation heute doch gar nicht mehr existiert; obwohl wir doch heute erwachsen – oder zumindest älter sind als die 1-3-jährigen Kinder. Wir sind nicht mehr die 1-3-jährigen Kinder, die auf die Liebe und Zuwendung der leiblichen Eltern angewiesen sind. Wir sind nicht mehr die Kinder, die dann geliebt werden, wenn wir das tun, was die anderen wollen. Die Steine sind schon vom Grab weggenommen, der Weg ins Leben zurück steht offen. Aber viele unserer Anteile sitzen immer noch wie kleine Kinder im Keller oder eben im Grab und trauen sich nicht von selbst, aus dem Grab heraus zu kommen.
Mit Lazarus, dessen Geschichte ein Vorbild der Auferstehung Jesu war, dürfen wir heute hören: Komm heraus! Lass die alten Verletzungen und Wunden hinter Dir! Komm heraus und beginne heute mit einem neuen Leben – ganz neu, ganz frisch – wie ein neuer Keimling aus dem Boden hervorsprießt.
Zurück zum heutigen Evangelium: Dort hören wir vom Wettlauf der beiden Jünger Petrus und Johannes, dem Jünger, den Jesus liebte. Jesus liebte sicherlich alle Jünger; Johannes lag ihm aber sehr am Herzen – vielleicht näher am Herzen als die anderen.
In der Tradition wird dieser Wettlauf zwischen Petrus und Johannes auch als Wettstreit zwischen dem Verstand und dem Herz bzw. der Liebe gedeutet. Wie später bei den Jüngern von Emmaus berichtet wird, ist es das Herz, das schneller im Verstehen ist. Auf dem Weg nach Emmaus fing das Herz zu brennen an, als der Verstand noch in Trauer gefangen war. Das Herz. die Liebe, versteht also schneller; ist als erstes am Grab. Das Herz, so wird beschrieben, beugte sich in die Grabkammer hinein und sah, sieht erst einmal nur. Aus Ehrfurcht geht Johannes erst einmal nicht hinein.
Als Petrus, der Verstand, nachkommt, geht er gleich hinein, analysiert die Merkmale, dass die Leinenbinden und das Schweißtuch zusammen gebunden an einer besonderen Stelle liegen, sieht die Fakten und die Ordnung, kann die Fakten aber nicht wirklich deuten.
Als Johannes dann auch hinein geht, lässt sich das Herz auf das Geheimnis des Lebens, das Geheimnis von Tod und Auferstehung ein. Es wird hineingenommen in die tiefere Erfahrungsschicht. Er "sah und glaubte" heißt es. Mit dem Herzen, mit der Seele, sehen wir tiefer, anders. Mit den Augen der Liebe berühren wir eine andere Erfahrungsebene.
In den Osterkursen von "Junges Münsterschwarzach" und "Erwachsen-auf-Kurs" haben wir uns der "Auferstehung im Leben" unter dem Motto "Licht.Blick" genähert. Überall dort, wo unser Leben etwas heller wird, wo unser Herz aufgeht, wo wir eine neue hoffnungsvolle Perspektive im Leben entdecken, findet eine kleine Auferstehung statt – ein Licht.Blick durch ein Gespräch, Telefonat oder Spaziergang mit einem einsamen oder alten Menschen, in einer Geste der Versöhnung, wenn wir einen guten Freund oder eine gute Freundin finden, eine neue Arbeitsstelle, wenn wir verstanden werden, ein Lächeln geschenkt bekommen. Der Auferstandene Christus ist dort, wenn es heller wird in meinem Herzen, wenn sich Freude oder Frieden in mir und in unserem Miteinander einstellen.
Weil das Herz im Auferstehungsgeschehen so wichtig ist, ebenso wie die Freude, möchte ich Euch und Sie auch noch kurz zum Herzmuskeltraining beim "Osterlachen" einladen:
- Als Jesus gestorben war, suchten die Jünger eine Grabstätte für ihn. Josef von Arimathäa hatte eben sein eigenes Familiengrab in Empfang nehmen können und stellte es für Jesus zur Verfügung. Das hatte er leider nicht mit seiner Frau abgesprochen – ein grober Fehler natürlich. Jedenfalls als er ihr das erzählte, machte sie ihm eine große Szene, war total verärgert usw. Nachdem er sie hatte ausreden lassen, sagte er zu ihr: "Schatz, es ist doch nur für 3 Tage!"
- Nach dem Tod Jesu und auch nach seiner Auferstehung wurden natürlich auch immer wieder die Geschichten vom Leben Jesu erzählt, so auch die von der Hochzeit von Kanaan: Jesus hatte ein Unmenge Wasser in Wein verwandelt und so zur Freude der Hochzeit beigetragen. Dass er das gemacht hatte, sprach sich natürlich schnell bei den Gästen herum. Was haben sich die Gäste wohl dabei gedacht? "Den laden wir auch mal ein!" (das war der "Vorwitz" zum Warmwerden für den nächsten Witz.
- Alle Gäste, die Jünger und Jesus mit eingeschlossen, haben diesem neu gewandelten und sehr guten Wein stark zugesprochen. Am nächsten Morgen haben alle einen Kater, Kopfschmerzen und Ähnliches. Petrus stöhnt und ruft in die Gruppe der Jünger: "Oh ich habe soooo einen Schädel. Kann bitte jemand mal am Brunnen Wasser holen gehen?" Kein Jünger meldet sich. Meldet sich schließlich Jesus. Plötzlich sind alle hellwach und rufen vereint: "Nein! Nicht Du!"
Zum Abschluss darf ich sie alle noch einladen, zum "Licht.Blick" für andere Menschen zu werden, die Freude am heutigen Tag mit anderen Menschen zu teilen, in dem Sie den einen oder anderen Witze weiter erzählen. Alle sind jedenfalls eingeladen, wenn wir uns heute grüßen, nicht einfach "Grüß Gott" oder "Hallo" zu sagen, sondern "Halleluja" zu rufen, was ja auch der Ursprung unseres "Hallo" ist. In diesem Sinne "Halleluja"! Amen.