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Aktuelles Goldschmiede

Kirche aus Gold und Silber für Reliquie aus Ungarn

Gold- und Silberschmiede fertigte ungewöhnliches Reliquiar für die ungarische Erzabtei Pannonhalma – Bild auf einer alten Münze als Ideengeber - Von Wiener Kardinal Schönborn versiegelt

An ungewöhnliche Aufträge hat sich die Gold- und Silberschmiede der Abtei fast schon gewöhnt: Galt es den Schrein mit den Häuptern der Frankenapostel zu reinigen, oder sei es die kunstvolle Fertigung von Bischofsstäben, Tabernakel oder einem Pokal für den DFB. Doch dieser Auftrag war auch für die filigranen Handwerker etwas ganz Besonders: Es galt ein Reliquiar nach dem Modell einer mittelalterlichen Kirche zu bauen. Gekommen war der Auftrag aus Ungarn.

Die Erzabtei Pannonhalma (deutsch: Martinsberg), die 996 gegründet und genau 1000 Jahre später zum Weltkulturerbe erklärt wurde, war das erste ungarische Benediktinerkloster. Der erste Abt war der Heilige Anastasius. 1224 wurde die mittelalterliche Kirche abgerissen und durch einen neuen Kirchenbau ersetzt, der bis heute im Wesentlichen erhalten geblieben ist.

Der erste Abt und die mittelalterliche Kirche sind zwei geschichtliche Anhaltspunkte, die für den Auftrag an die Goldschmiede wichtig sind. Denn für eine Reliquie des Heiligen Anastasius Astricus, der auch als „Apostel Ungarns“ bezeichnet wird, wurde ein neues Reliquiar benötigt. Die Idee war nun, dieses in der Form der mittelalterlichen Kirche zu gestalten. Davon gibt es eine Münze, auf der der Grundriss der mittelalterlichen zu sehen ist, und von Ausgrabungen wussten die Benediktiner in Ungarn, wie dieser Kirchenbau ausgesehen haben musste.

So erstellten sie im Sommer gemeinsam mit den Goldschmieden ein 3-D-Modell der Kirche, in dessen Zentrum die Reliquie, ein Fingerknochen, platziert werden sollte. Dann machten sich Michael Hornung und Andreas Jurowski an die Arbeit. Das Grundgerüst der Kirche besteht aus Messingblechen, die später versilbert wurden. Der Sockel innen für die Reliquie ist ebenfalls aus Messing gefertigt, die Holzplatte am Boden wurde von unten her verplombt.

Oft, so erzählt Goldschmied Andreas Jurowski, kommen während der Fertigung neue Ideen dazu. So sind beispielsweise die Kreuze auf den Kirchtürmen entstanden. Auch die Wahl der Form der Schrauben entstand während des Zusammenbaus: Sie haben die Form von Kreuzen. So entsteht ein ganz besonders würdiger Eindruck beim Blick in die innen vergoldete Kirche, wo die Reliquie von einem mundgeblasenen Glas geschützt wird. Jurowski: „Dieser warme Ton veredelt das Ganze“.

Zurück in Ungarn bekam die Reliquie einen Ehrenplatz im Oberen Chor. Doch zuvor war sie bei einem feierlichen Gottesdienst von Kardinal Christoph Schönborn aus Wien versiegelt worden.

Walter Sauter