Gott am Galgen
Fastenimpuls von Br. Stephan Veith OSB am Passionssonntag
Wir zählen bald den 40. Tag des sinnlosen, furchtbaren und grausamen Kriegs in der Ukraine. Ein Krieg der sich fast vor „unserer Haustür“ abspielt.
Seit Beginn der Fastenzeit sehen und hören wir von den schrecklichen Ereignissen, die dieser Krieg an Millionen von Menschen bereits an Vertreibung, Flucht, Leid und Tod gebracht hat. Heute, am Passionssonntag, beginnen wir die Passionszeit – der Blick auf die Leidenszeit von Jesus Christus. Dabei soll auf das Wirken Jesu und die Ausrichtung des menschlichen Lebens nach dem Handeln Jesus hingewiesen werden.
In den vielen Gespräche mit Menschen und für mich selbst habe ich diese Fragen und Bilder in persönlichen Gebeten vor Gott getragen. Wo ist Gott in diesem grausamen Geschehen? Warum greift er nicht ein mit allen seine Möglichkeiten? Wieso müssen Menschen sterben, ihre Heimat verlassen, Hab und Gut verlieren, Mütter und Kinder Dramen und Traumata erleben?
Mir hat in diesen Tagen und Wochen eine Geschichte geholfen, die ich vor vielen Jahren einmal gelesen und mir gut aufgehoben habe.
Gott am Galgen
In Auschwitz erhängte die SS zwei jüdische Männer und einen Jungen vor versammelten Lagermannschaft. Die Männer starben rasch, der Todeskampf des Jungen dauerte eine halbe Stunde.
Wo ist Gott?
Wo ist er?
fragte einer hinter mir.
Als nach langer Zeit der Junge sich immer noch am Strick quälte, hörte ich den Mann wieder rufen:
Wo ist Gott jetzt?
Und ich hörte eine Stimme in mir antworten:
Wo Er ist?
Hier ist Er…
Er hängt dort am Galgen…
Da wurde mir wieder klar, unser Gott ist ein mitleidender Gott – Er begleitet uns in allen Situationen. Das hat mir Trost geschenkt!