Allein-Sein als Chance
Fastenimpuls von P. Zacharias Heyes OSB.
Wie sehr man ganz alltägliche Dinge schätzt, merkt man erst dann, wenn man sie nicht mehr hat. So ging es mir in den letzten Wochen. Bedingt durch die Coronainfektion vieler Mönche in unserer Abtei fielen alle gemeinsamen Gottesdienste aus – bis auf eine Eucharistiefeier am Morgen. Wie schön war es und wie sehr habe ich mich gefreut, als wir mit dem dritten Fastensonntag wieder unsere ganz alltägliche gewohnte Tagesordnung aufnehmen durften und konnten. Gleiches gilt für meine ganz alltäglichen Tätigkeiten im Gästehaus, in der Schmiede, in der Notfallseelsorge, im Schreiben von Büchern.
Meine eigene Coronainfektion und die damit verbundene Quarantäne forderten von mir eine beständige Anwesenheit auf meiner Zelle. Wie froh war ich auch hier als ich nach gut einer Woche wieder meine Arbeiten aufnehmen konnte. Statt aber mich nur damit auseinander zu setzen, was ich gerade alles nicht tun darf und kann und mich über die Quarantäne aufzuregen, nutzte ich diese Zeit des Allein-Seins für die Beziehung zu meinem Gott. Der Mönch ist von der ursprünglichen Wortbedeutung her ein „monachos“ – einer, der alleine lebt. Das Zusammenleben in Gemeinschaften gehört nicht zum Ursprung des Lebens als Mönch. Vielmehr lebten die ersten Mönche allein in der Wüste in Ägypten in Höhlen, später in kleinen Behausungen. Hier suchten sie Gott in der Einsamkeit und waren in Berührung und Kontakt mit ihm.
Ein Allein-Sein in der Zelle ist die Chance, neu, tiefer, anders in die Beziehung zu Gott zu gehen. Der Alltag mit seinen vielen Aufgaben kann manchmal zur Falle werden. Schnell ist der Versuchung nachgegeben, das Gebet, die Meditation zurück zu stellen, weil doch so viel zu tun ist. Die Chance der Fastenzeit ist in erster Linie nicht, dass ich mal einige Wochen keine Süßigkeiten esse, eine Entschlackungs - und Entgiftungskur mache. Vielmehr ist sie die Chance, mich neu auf Gott zu besinnen, auf meine Beziehung zu ihm.
Damit ist die Auseinandersetzung verbunden: Was sollte ich in meinem Leben ändern, wo darf mein Leben neu werden, wo kann und darf es mehr Gott entsprechen – nicht nur für einige Wochen, sondernd dauerhaft, beständig? Dazu kann dann selbstverständlich der Verzicht auf Nahrungsmittel gehören, die mir nicht gut tun oder meinen Körper zu entschlacken und von Giftstoffen zu befreien. Um meine Antwort zu finden, muss ich nicht in Quarantäne gehen, aber mir täglich eine feste Auszeit, eine stille Zeit, einen Zeit-Raum zum Nachdenken zu nehmen – das wäre gut. Der Verzicht auf etwas, der nicht zu schwer fällt, darf nur nicht zur Ausrede werden, um mich nicht mit tiefer liegenden, wesentlichen Fragen auseinander setzen zu müssen