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Wo Ordensobere Führen lernen

Ein Führungsseminar im Kontext der Benediktsregel - im Kloster. Was sich wie ein Kurs im Gästehaus der Abtei Münsterschwarzach anhört, hat in Rom in der Primitialabtei Sant'Anselmo stattgefunden. Br. Ansgar Stüfe OSB war als Referent dabei.

Frage: Im Juli waren Sie in Rom in Sant'Anselmo und haben dort beim Kurs "Leadership and the Rule of Saint Benedict" eine Einheit geleitet. Was kann man sich unter diesem Kurs vorstellen?

Br. Ansgar Stüfe OSB: Dabei geht es, wie der Name schon sagt, um Führung unter dem Aspekt der Regel des heiligen Benedikt. Der Kurs hat mittlerweile zum 6. Mal stattgefunden und ist eine Kooperation zwischen der Universität St. Gallen und dem Benediktinerorden, also der Hochschule von St. Anselmo. Sie kam 2006 durch die Initiative des damaligen Abtprimas Notker Wolf zustande. Sein Nachfolger Gregory Polan hat das dann weitergeführt.

Frage: Wer kommt zu diesem Kurs?

Br. Ansgar: Eingeladen werden alle Oberen der Benediktinerklöster weltweit, das heißt Äbtissinen und Äbte, Priorinnen und Priore sowie Cellerarinnen und Cellerare.

Frage: Aber als Benediktinerinnen und Benediktiner kennen die Oberen die Benediktsregel doch bereits – wozu ist dann dieser Kurs notwendig?

Br. Ansgar: In den einzelnen Einheiten geht es vor allem um neue betriebswirtschaftliche Erkenntnisse, die mit der Regel des heiligen Benedikt kombiniert werden. Es geht einerseits um Führung als solches, dann aus soziologischer Sicht um die Menschen und um Strukturen. Jede Einheit wird von einem Wissenschaftler und einem Mönch bzw. einer Nonne behandelt – ich bin da übrigens der einzige Mann. Spannend ist vor allem, wie sich die Perspektiven ergänzen. Gemeinsam mit einem Wissenschaftler der Universität habe ich das Thema "Projektmanagement" behandelt, bei dem es leider große Unkenntnis gibt.

Frage: Inwiefern?

Br. Ansgar: Die meisten unserer Klöster haben diese Erfahrungen schlichtweg nicht. Das hat es früher nicht gegeben. Die traditionelle Einkommensbasis unserer Klöster ist die Landwirtschaft gewesen und diese ist weggebrochen. Nun geht es darum neue Einkommensmodelle zu finden. Und das geht oft schief.

Frage: Warum braucht ein Kloster überhaupt Einkommen?

Br. Ansgar: Benediktinerklöster bekommen keine Kirchensteuererträge und müssen sich selbst erhalten. Und die Mönche müssen auch essen, trinken und ihre Klöster unterhalten – selbst wenn sie keine Angestellten haben. In Seoul gibt es etwas ein kontemplatives Kloster, das durch die Einnahmen von Projekten seinen Lebensunterhalt finanziert.

Frage: Aber manche Klöster sind auch richtige Wirtschaftsbetriebe?

Br. Ansgar: Andere Klöster haben eine Vielfalt an Aufgaben, wie etwa Münsterschwarzach. Auch der Aufwand ist nicht zu unterschätzen. Allein in einer Kirche regelmäßig Gottesdienste zu feiern ist eine recht kostspielige Angelegenheit. Viele unterschätzen das auch. Deshalb brauchen wir eine gewisse Einnahmebasis. Je nach Kloster ist die dann auch unterschiedlich.

Frage: Was empfehlen Sie da den Teilnehmerinnen und Teilnehmern?

Br. Ansgar: Immer mit etwas Kleinem zu beginnen. Ein Kloster hat einmal ein Hotel gebaut, das sich durch zu wenige Gäste nicht einmal selbst finanziert hat. Solche Negativbeispiele gibt es leider. Natürlich muss man auch ein Risiko eingehen. Ein Beispiel dafür ist die Abtei Waegwan, aus der zwei Mitbrüder bei uns das Metzgerhandwerk gelernt haben. Wurstwaren kannte man bis dahin in Korea nicht. Doch mittlerweile ist die Klosterwurst dort ein großer Erfolg, sodass sie sogar erweitern müssen und Angestellte haben. Es empfiehlt sich aber, mehrere Projekte zu haben statt auf ein Großes zu setzen.

Frage: Was ist dazu nötig?

Br. Ansgar: Jemand der ein Kloster leitet – sei es als Oberer oder wirtschaftlich – muss neben den Grundvoraussetzungen, die Benedikt in seiner Regel beschreibt, heute auch Fachwissen mitbringen.

Frage: Welche Rolle spielen dabei die weltlichen Angestellten?

Br. Ansgar: Bevor ein Projekt begonnen wird, muss jedes Kloster überlegen, ob das in ihre Form des klösterlichen Lebens passt. Da muss auch die Gemeinschaft einbezogen werden. Ein großes Vorbild sind da etwa die österreichischen Klöster, die oft erstaunliche Kooperationen haben.

Frage: Was ist für die Klöster heute im Gegensatz zu früher grundsätzlich wichtig?

Br. Ansgar: Das Umfeld zu beachten. In der Wirtschaftssprache würde man das "Stakeholder" nennen. Bei Projekten etwa zu überlegen, wer davon direkt und indirekt betroffen sein könnte. Wir können uns nicht von der Gesellschaft abschotten, wie das früher vielleicht der Fall war.