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Wie für Christoph Müller das FSJ im Kloster war

Christoph Müller hat bis Ende August ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Abtei Münsterschwarzach verbracht. Über seine Erfahrungen und warum er anfangs einen „optischen Schock“ erleiden musste, schreibt er in diesen Erfahrungsbericht.

Nach dem Ende meiner Ausbildung wollte ich etwas ganz anderes machen. Schnell war klar: Ein Freiwilliges Soziales Jahr (kurz FSJ) muss her! Ich musste bald resigniert feststellen: Unter dem laufenden Schuljahr und für einen Minderjährigen gar nicht so einfach, vor allem weil ich noch keinen Führerschein hatte und Einsatzstellen mit Wohngelegenheit dünn gesät sind – aber ich gab so schnell nicht auf. Ich wurde mir bald darüber klar, dass ich in dieser Zeit nicht nur einen Dienst an der Gesellschaft leisten, sondern auch eine wertvolle Erfahrung für mein ganzes Leben machen wollte.

Deshalb und weil Klöster große Gebäude mit viel Platz, auch noch für einen kleinen FSJler, sind kam ich mit der Zeit des Suchens auch auf diese „verrückte Spinnerei“. Zumindest sahen das einige aus meinem Bekanntenkreis so. Zuerst bewarb ich mich an der nächsten Benediktinerabtei Metten. Die altehrwürdige Klosteranlage gefiel mir auf den ersten Blick. Allerdings konnten die Mönche dort leider keine Freiwilligen beschäftigen. Der nette Pater von dort gab mir allerdings den Tipp, mich in Münsterschwarzach zu bewerben, was ich auch noch am selben Tag tat.

Ins Kloster - auf Probe

Kurz darauf meldete sich ein sehr netter Pater Maximilian bei mir und prompt war ich zur Probewoche eingeladen. Mir fiel zwar einerseits ein Stein vom Herzen, aber andererseits hatte ich nun den Druck im Hinterkopf: „Wenn du nicht nach Münsterschwarzach kommst, war`s das vielleicht mit dem Traum vom FSJ!“ Am 3. Februar, einem sehr eiskalten Tag, fuhr ich mit dem Zug die fast 300 km von meiner niederbayerischen Heimat in die Würzburger Gegend. Als ich vor der Abtei aus dem Sammeltaxi ausstieg, konnte ich meinen Atem sehen. Aber mein erster Blick fiel auf die graue, von 1935 bis 1938 erbaute Abteikirche. Ein starker Gegensatz zur barocken Pracht von Metten.

Im Gästehaus des Klosters empfing mich bei einer warmen Tasse Tee eben dieser nette Pater Maximilian, welcher mich bereits einlud. Er bot mir auch gleich das „du“ an. Nach einer Führung über das riesige Gelände, bei welcher mir immer wieder der Satz: „Die haben hier ja wirklich alles!“ durch den Kopf schoss, zeigte mir der junge Mönch mein Zimmer. Es lag etwas ab vom Schuss. Man war so zwar im Kloster, konnte sich aber auch leicht zurückziehen. Ich hatte nach der kurzzeitigen Verabschiedung von dem Benediktiner gerade begonnen, meinen Koffer auszupacken, als es an der Türe klopfte. Davor standen die beiden anderen Freiwilligen, mit denen ich mich sofort blendend verstand. Sie zeigten mir unsere WG mit Küche, einem gemeinsamen Bad und einem sehr großen Wohnzimmer. Zusätzlich hatte natürlich noch jeder ein eigenes Zimmer. Ich hatte noch den ganzen nächsten Tag Zeit, um mich einzuleben, bevor am Montag mein erster Arbeitstag auf der Infirmerie, also der Kranken- und Pflegestation, des Klosters begann.

Ich wurde von den Kollegen sehr herzlich begrüßt und fühlte mich gleich, wie übrigens auch mit den Mönchen, wie in einer großen Familie aufgenommen. Alle Menschen, die ich dort kennenlernen durfte, waren sehr herzlich. Ich wurde von den Pflegekräften mitgenommen und in alle Bereiche ihrer Arbeit sehr geduldig eingeführt. Nach Beendigung der Probewoche war ich traurig, dass ich dieses Paradies verlassen musste.

Ins Kloster - auf Zeit

 Allerdings wurde ich eingestellt und durfte nach kurzem warten dort weitermachen, wo ich aufgehört hatte. Am Anfang stand noch der Umzug der Krankenstation in einen frisch renovierten Flügel an, bei dem ich tatkräftig helfen und dabei die Menschen noch besser kennenlernen konnte.

Meine Arbeit, welche ich die nächsten 6 Monate machen durfte, bestand unteranderem aus dem Hauswirtschaftlichen, also das abspülen und eindecken des Geschirrs und die Ausgabe des Essens. Ganz besonders viel Spaß gemacht hat mir aber die Beschäftigung der Bewohner. Wir haben oft Spaziergänge über das weitläufige Klostergelände gemacht. Besonders im Frühling war die unvorstellbare Blütenpracht Grund vieler kurzer Halte. Ich genoss auch die Gespräche mit den alten, also auch erfahrenen Menschen. Meistens ging es über das Kloster, ihre Jugend oder, und das fand ich ganz besonders interessant, ihre Zeit in der Mission.

Da Münsterschwarzach eine Abtei der Missionsbenediktiner von St. Ottilien ist, gibt es dort viele Mönche, die einen Teil ihres Lebens in Afrika, Asien oder Amerika verbracht haben. Über ihre Eindrücke und Erfahrungen aus dieser Zeit habe ich mich immer gefreut zu hören – und sie fanden es schön, einen gebannten Zuhörer zu haben. Also eine „win win Situation“. An regnerischen oder kühlen Tagen sind wird durch die Klostergebäude gegangen oder haben im Haus Ball- oder Brettspiele gespielt, ich habe aus der Zeitung vorgelesen oder wir haben Musik gehört. Langweilig wurde es nie. Ich durfte viel über die Pflege lernen, meine Kollegen haben meine Fragen zu diesem Thema immer sehr geduldig und ausführlich beantwortet.

Die Erfahrungen in diesem Bereich helfen mir, da mein Großvater auch pflegebedürftig ist und ich jetzt bei Sachen aktiv mithelfen kann, bei denen ich zuvor Angst hatte, Fehler zu machen. Es gab auch den ein oder anderen Spaßvogel, ich habe also auch viel gelacht. Ich „musste“ nie arbeiten, beziehungsweiße habe ich auch nie wirklich „gearbeitet“. Ich persönlich habe meine Aufgaben mit den alten Mönchen immer mehr als „freiwilliges Hobby“ gesehen, weil mir die Zeit so viel Spaß gemacht hat.

Während des halben Jahres habe ich auch drei Mal für je fünf Tage ein sogenanntes „FSJ-Seminar“ in der Rhön besuchen dürfen. Dort habe ich mit vielen anderen Freiwilligen zusammen über das Rechtliche zum Freiwilligendienst, über pädagogische und theologische Themen und viele andere Dinge lernen dürfen. Das Programm wurde umrahmt von Wanderungen und Spielen. Besonders gefallen haben mir diese drei Wochen, weil die Kursteilnehmer sehr international waren. Von Südafrikanerinnen über eine Amerikanerin bis zu Chinesinnen hatten wir sehr viele vertretenen Nationalitäten. Der Austausch mit diesen Menschen hat mir wirklich gut gefallen, auch wenn ich mich schon immer auf „meine Mönche“ gefreut habe.

Mit den beiden anderen Freiwilligen in Münsterschwarzach, von welchen einer mit mir auf der Infirmerie und einer im Gästehaus arbeitete, habe ich auch viel unternommen. Beispielsweise haben wir Ausflüge mit dem Fahrrad entlang des Maines in kleine Dörfer gemacht. Hoch im Kurs stand dabei immer das malerische Örtchen „Sommerach“ auf der Maininsel. Auch mit Pater Maximilian haben wir viel unternommen. Ob es ins Hallenbad nach Kitzingen, zum Ebracher Baumwipfel-Weg oder der dortigen, ehemaligen Zisterzienserabtei ging, ob zu einer Wanderung in den Steigerwald zum Winkelhof oder einem Sonntagsspaziergang nach Dimbach. Ob bei gemeinsamer Kontemplation oder ob wir uns zu einem geselligen Abend trafen, wir vier hatten immer Spaß zusammen.

Ins Kloster - auf ein Wiedersehen

Nach den hier schon beschriebenen, aber noch weitaus mehr wunderbaren Erfahrungen wurde ich Ende August leider schon von meinen Eltern abgeholt. „War`s das jetzt schon wieder? War das wirklich schon ein halbes Jahr?“ fragte ich mich oft. Als ich mich die letzten Wochen schon fleißig verabschiedet hatte – und auch die ein oder andere Träne vergossen hatte – war es so weit. Der Tag der Abreise!

Ich musste feststellen, dass ich mich nicht nur in die Gegend und die Leute, sondern auch in den anfänglich hässlichen, grauen Klotz einer Abteikirche verliebt hatte. Nach dem Packen lief ich noch wie aus Zufall dem Abt über den Weg. Er verabschiedete sich noch sehr herzlich von mir und ich von ihm. In dem Moment, als er mir einen Reisesegen gab, wusste ich: „Das war`s jetzt wirklich!“ Wie durch die letzten Zeilen sicher deutlich wurde: mir fiel der Abschied sehr schwer! Aber ich werde wiederkommen! Das gibt mir Vorfreude.

Wenn ich von meinen Eltern oder Freunden gefragt werde, was mir im letzten halben Jahr am besten gefallen hat, dann fällt es mir wirklich schwer zu antworten. Oft antworte ich mit: „Die Osternacht war wirklich schön. Wenn die Kerzen angehen...“ oder „Die Leute waren alle so nett zu mir und haben mich von Anfang an aufgenommen.“ Das stimmt natürlich alles, aber Münsterschwarzach ist mehr für mich geworden. Neben den fantastischen Menschen und wunderbaren Erfahrungen fand ich auch eine Heimat. Und das auch im spirituellen Sinn.

Von Christoph Müller, ehemaliger FSJler der Abtei Münsterschwarzach

Interesse an einem FSJ in der Abtei? Weitere Informationen gibt es hier.