Der Phönix aus der Asche
Predigt von Abt Michael Reepen und Bildergalerie der Osternacht 2025.
Liebe Schwestern und Brüder,
zu Beginn der Fastenzeit hatten wir in der Klostergemeinschaft gemeinsame Exerzitien, gemeinsame stille Tage. In einer Gruppe um unsere Oblatenrektorin Carola Holzmann war das Thema „Von der Asche zum Feuer“.
Klingt zunächst merkwürdig diese Formulierung. Denn eigentlich ist die gewohnte Reihenfolge genau umgekehrt. Aus dem Feuer, aus dem Verbrannten entsteht die Asche. Wenn das Feuer zusammenfällt, dann bleibt die Asche zurück. Aber es wurde bewusst anders herum formuliert. Denn tatsächlich ist es ja in der Fastenzeit auch so: Wir beginnen die Fastenzeit mit der Asche; und am Ende der Fastenzeit brennt das Osterfeuer.
Asche steht dafür, dass etwas aus ist, etwas verbrannt ist. Momentan erleben wir die Welt wirklich eher im Zustand der Asche.
Vieles wird und ist verbrannt und fällt in sich zusammen. Gerade in den letzten Wochen sind wir wieder besonders mit der Hinfälligkeit des Menschlichen und Weltlichen konfrontiert worden. Ganze Teile unserer krisengeschüttelten Welt liegen buchstäblich in Schutt und Asche: in der Ukraine; in Gaza; in Syrien; nach der Erdbeben-Katastrophe in Myanmar. In der Wirtschaft sind die Renditen vieler Börsenanleger nach der US-amerikanischen Zollpolitik regelrecht zu Staub zerfallen.
Auch im persönlichen erleben wir immer wieder solche „Staub-und-Asche“-Situationen: eine gesundheitliche Einschränkung, wenn plötzlich manches nicht mehr geht; eine zerbrochene Partnerschaft oder der Verlust eines geliebten Menschen. Wo Lebendigkeit und Freude und Feuer war, sind jetzt Leid und Trauer. Schockiert und übermannt von Schmerz sehen wir nur noch die Asche. All das Gute, Wertvolle und Schöne, das man eben noch erlebt hat, scheint unwiederbringlich verloren.
In der ägyptischen und griechischen Mythologie gibt es die Gestalt des Phönix: ein adlerähnlicher Vogel mit goldrot leuchtendem Gefieder, der am Ende seines Lebens verbrennt und zurück bleibt die Asche.
Aber dann wird er aus der Asche neu geboren! - Vielleicht kennen sie die Redewendung „er ersteht wie ein Phönix aus der Asche“.
Gemeint ist damit ein Neubeginn, den man nicht mehr für möglich gehalten hat. Ein gestärktes Sich-Wieder-Erheben aus einer Situation, die zuvor ganz aussichtslos schien.
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Wenn wir auf das Osterevangelium schauen, dann klingt das doch sehr ähnlich. Die Jüngerinnen kommen zum Grab und wollen den Leichnam Jesu salben. Jesus, auf den sie ihr ganzes Leben ausgerichtet hatten, ist ihnen entrissen worden. Bitter enttäuscht starren sie auf die Asche ihrer zerronnenen Hoffnung. „Während sie ratlos dastanden, traten zwei Männer in leuchtenden Gewändern zu ihnen. Die Frauen erschraken und blickten zu Boden“ (Lk 24,4-5), blickten in die Asche.
Diese Männer in leuchtenden Gewändern im Grab fragen die Frauen: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ (Lk 24,5) „Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden.“ (Lk 24,6)
Eigentlich müsstet ihr den Weg doch wissen, er hat es euch doch gesagt! Erinnert euch doch: Er hat gesagt, dass er verbrannt wird, dass er zu Asche wird. - Und er hat aber auch gesagt: Er wird auferstehen am dritten Tag!–Wie der Phönix aus der Asche! „Da erinnerten sie sich an seine Worte “ (Lk 24,8).
Ja, eigentlich müssten wir es wissen! Spätestens seit unserer Taufe seitdem wir Christen sind! – dass das Leben stärker ist als der Tod, dass das Licht der Auferstehung jede Dunkelheit vertreibt, -, dass wir aus der Asche auferstehen, dass wir neues, ewiges Leben haben.
In der Taufe ist es uns absolut zugesagt!
Aber es braucht oft seine Zeit, bis aus der Asche neues Feuer wird. Manchmal kann man nichts anderes tun als abzuwarten, es aushalten, nichts tun zu können, - wie die Frauen - bis zum frühen Morgen als gerade die Sonne aufging – und der Funke des Lebens, der Auferstandene, das Feuer der Liebe und der Zuversicht in ihnen neu entfacht.
Wenn wir jetzt in dieser Osternacht Emine taufen, ihr dieses ewige österliche Leben zugesagt wird, dann will das uns alle herausholen aus unserer Asche, in der wir immer wieder sitzen, und will in uns das Feuer neu entfachen in der Liebe zu Christus unserem auferstandenen Herrn,
In diesem Sinne wollen wir jetzt Emine taufen.