Dem heiligen Antonius ganz nah
Als Missionare unterwegs am Nil / Mission Exposure in Ägypten
"Roots exposure" heißt das Programm, mit dem Benediktiner aus einstigen Missionsgebieten in die Abtei Münsterschwarzach entsandt werden, um die "Wurzeln" ihres Mönchtums zu erfahren. Das Gegenstück ist "Mission exposure": Junge Mönche aus Münsterschwarzach setzen sich für einige Wochen der Mission aus – wie man den Titel übersetzen könnte. Im Rahmen von Mission exposure, kurz "MIX" haben vier deutsche Benediktiner nun Ägypten bereist – und beeindruckende Erfahrungen gemacht. P. Maximilian Grund OSB aus Münsterschwarzach schildert vier Stationen des Aufenthalts:
Kairo, die chaotische Mega-Metropole, mit Armut, Kulturschätzen, islamischer Tradition – und einem neuen Kloster, das die Benediktiner im vergangenen Jahr dort eröffnen konnten. Die ersten Tage dienten dem gegenseitigen Kennenlernen und dem Eintauchen in die orientalische Lebensweise. Interessant war für die vier deutschen Mönche auch die Entstehungsgeschichte der Neugründung. Um einen kenianischen Mitbruder, der in Kairo studierte, sammlten sich einige junge Ägypter, die vom benediktinischen Mönchtum fasziniert waren. Inzwischen gehören zur Gemeinschaft fünf Mitbrüder.
Nach dieser ersten Station ging es in "Sozialpraktika" in der Umgebung: In einem Kindergarten der Mutter-Teresa-Schwestern in der "Müllstadt" in Muqattam half Br. Makarius mit. Die Schwestern betreuen die Kinder tagsüber, damit die Mütter für den Lebensunterhalt sorgen können. Das Einkommen der Familien wird in erster Linie mit der Sortierung von Müll erarbeitet. Große Mengen Müll werden jeden Tag in ganz Kairo eingesammelt und auf Pickups zu abenteuerlichen Fuhren gestapelt. Der Geruch, der von den Müllbergen in den Straßen ausgeht, stellte dabei eine besondere Herausforderung dar, der es sich zu stellen galt.
Einen anderen Einsatzbereich lernte P. Maximilian kennen. Bei den Comboni-Missionaren im Stadtteil Sakakini konnte er einen Einblick in die Arbeit mit Flüchlingen aus dem Südsudan gewinnen. Besonders beeindruckend waren hier die lebendigen Gottesdienste mit einer unglaublich jungen Gemeinde. Die Comboni-Missionare unterstützen die in Ägypten wenig integrierten Flüchtlinge, indem sie in ihren Pfarreien auch Schulen und Krankenhäuser betreiben, die allein aus Spendengeldern finanziert weden. Dabei muss man mit dem Einfachsten zu leben lernen. So werden beispielsweise ganz normale Mietswohnungen in einem Mehrfamilienhaus angemietet und die Zimmer als Klassenräume genutzt. Auf den schmalen Bänken müssen dann oft drei oder vier Kinder sitzen. Außer einer Tafel gibt es keinerlei Unterrichtsmaterial. "Es lässt einen schon nachdenklich werden, wenn in Deutschland immer die neueste Ausstattung gefordert wird und alles nach Digitalisierung ruft und in ägypten nicht einmal die aller einfachsten analogen Lehrmittel zur Verfügung stehen", berichtet P. Maximilian.
In der Pfarrei, die dem heiligen Markus, dem Evangelisten und Gründer der ägyptischen Kirche geweiht ist, hatte Br. Bonifatius seinen Einsatzort. Die Pfarrei bietet in einer Tageseinrichtung Menschen mit Behinderung die Möglichkeit, mit kleinen Handarbeiten Dinge herzustellen, die auch direkt verkauft werden.
Mokattam
Sakakini Parish Sudanes
Bild 1
Eine dritte Station war dann Ismailia am Suez-Kanal. Dort ist eine zweite Niederlassung des neuen ägyptischen Benediktinerklosters. Ein Haus mit Kapelle und Olivenhainen, das später als Ort für die neue Abtei dienen soll. Hier war für die Gäste aus Deutschland Hand anlegen angesagt: Der Gemüsegarten wurde angepflanzt, mit Gurken, Tomaten und vielem mehr, für die Klosterküche. Im Mittelpunkt stand in dieser Woche, dass ägyptische und deutsche Mönche miteinander Leben teilen. Wenn man viel Zeit miteinander verbringt, bleibt man nicht bei Oberflächlichkeiten stehen, sondern kann den je anderen wirklich in seiner Lebensweise kennen lernen - und die unterscheidet sich unter Umständen von dem Gewohnten.
Eine ganz ungewohnte und neue Erfahrung war für die vier Gastbenediktiner dann auch das Benediktsfest, welches gemeinsam mit den ägyptischen Gastgebern am 21. März gefeiert wurde. Da das neue Kloster in Ägypten zur koptisch-katholischen Rituskirche gehört, wurde der Festgottesdienst natürlich im koptischen Ritus gefeiert und es war spannend, die Unterschiede wahrzunehmen, aber auch die Gemeinsamkeiten im Ritus zu erkennen. Die besondere Beziehung der Ägypter zu ihrer Lebensader, dem Nil, wird auch im Gottesdienst deutlich, denn in jeder Messe wird auch für den Fluss gebetet, ohne den kein Leben möglich wäre.
Ernte MIX
Garten MIX
Orangen MIX
Wohin immer du gehst,
habe überall Gott vor Augen.
habe überall Gott vor Augen.
Die vierte Station schließlich führte in das Antoniuskloster am Roten Meer, dreieinhalb Autostunden südlich, im Wadi Araba: Kontakt aufnehmen mit den Ursprüngen des christlichen Klosterlebens. Die Begegnung mit den dort lebenden koptisch-orthodoxen Mönchen zeigte den Benediktinern eine zusätzliche Dimension ihres eigenen Klosterlebens auf. Die dortige Tradition, die auf den Wüstenvater Antonius zurückgeht, ist eher eremitisch, das heißt auf ein zurückgezogenes Leben konzentriert, im Gegensatz zur „koinobitischen“ Tradition, die das gemeinschaftliche Leben in den Vordergrund rückt.
Im Wadi Araba ereigneten sich dann zwei besonders intensive Begegnungen, wie P. Maximilian berichtet: einmal die Aufnahme durch die koptischen Mönche bei den täglichen Gebetszeiten, die dort unter der Woche um 4 Uhr und am Sonntag um 3 Uhr beginnen; wie die Gäste dabei von Tag zu Tag mehr in die Gebetsgemeinschaft aufgenommen wurden, ging allen nahe. Die zweite besondere Begegnung: P. Fidels Ruppert, der sich gerade im Antoniuskloster aufhielt. Der frühere Abt von Münsterschwarzach gab den Mitbrüdern aus Deutschland während der Woche Exerzitien. Thema: Das Leben des heiligen Antonius. Näher kann man ihm kaum kommen als in der Höhle und im Kloster, wohin sich der große Heilige im 4. Jahrhundert zurückgezogen hatte.