85. Weihetag der Abteikirche
Am 11. September 1938 wurde die neue Kirche in der Abtei Münsterschwarzach geweiht - ein Einblick in Kirchbau und Weihe.
Die heutige Abteikirche ist bereits der 4. Kirchenbau, der an dieser Stelle steht. Der Vorgängerbau vom Architekten Balthasar Neumann wurde nach der Säkularisation und einem Blitzschlag ab dem Jahr 1810 als Steinbruch benutzt. Nachdem die Mönche die Abtei im Jahr 1913 wiederbesiedelten und der Konvent stetig wuchs, war schnell klar, dass eine neue Kirche gebaut werden musste.
Bedeutend ist dabei die Zeit, in der dieser Kirchenbau unter dem Architekten Albert Boßlet entstanden ist. Zwischen 1935 und 1938 wurde an der monumentalen Kirche mit ihren vier Türmen gebaut - ganz klar trägt sie die Handschrift Boßlets, aber auch die Architektur ihrer Zeit. Dem Bau der Abteikirche widmet Abteibiograph Johannes Mahr einen ganzen Band seiner Serie "Schwarz aber schön", die im Vier-Türme-Verlag erschienen ist.
Sie ist 88 Meter lang, 26 Meter breit und 26 Meter hoch. Die Türme sind im Osten 52 Meter, im Westen 38 Meter hoch. Das Kommuniongitter vor dem Chorraum teilt die Kirche übrigens genau in der Mitte. Geweiht wurde die Kirche traditionell Christus dem Erlöser, der auch überdimensional mit seinen vergoldeten Wundmalen und einer Krone über dem Altar thront.
Bevor es am 23. Juli 1935 zur Grundsteinlegung kam, musste natürlich einiges geplant, genehmigt und vor allem in der aufstrebenden NS-Zeit organisiert werden. Nicht umsonst wählt Johannes Mahr die Worte "Kirchbau trotz großer Bedrängnis". Zahlreiche Briefwechsel zwischen der Baubehörde und der Abtei zwischen 1931 und 1934 zeigen, dass bis dahin noch nicht einmal finale Baupläne existierten. Auch zeugen Briefwechsel mit Architekten davon, dass das Kloster zwar den Neubau plante, aber irgendwie noch nicht so richtig klar war, wie dieser aussehen sollte - und zunächst schienen auch andere Bauten wichtiger, wie etwa der des Kuhstalls.
Der erste Entwurf von Albert Boßlet ist allerdings auf das Jahr 1932 datiert. Doch die offizielle Ausschreibung mit der Bitte um Modelle ging am 20. Juni 1934 an ausgewählte Architekten. Die Zeit war knapp, denn eine Rückmeldung sollte laut Abtei bis zum 15. September desselben Jahres folgen, "da wir hoffen, im Lauf des kommenden Winters mit den Erdarbeiten beginnen zu können".
Die endgültige Entscheidung fiel am 7. Januar 1935 für Albert Boßlet. Aber warum eigentlich ein Kirchbau in einer so schwierigen Zeit, wurde Abt Plazidus gefragt, der 1936 sagte:
"Darauf die kurze Antwort: weil wir überzeugt waren, dass Gott es so wollte; dass Gott in einer Abtei, welche er mit reichlich Berufen gesegnet hat, auch ein entsprechendes Haus haben will, das liegt ja wohl klar auf der Hand."
Und ab der Grundsteinlegung wurde quasi pausenlos gearbeitet. Wie das letztlich alles machbar wurde, ist heutzutage unvorstellbar. "Für jede einzelne Werkstatt wurde die Einrichtung der Kirche zum Abenteuer," heißt es im Buch von Johannes Mahr. Eine Anekdote am Rande: Zwischendurch gingen die Baupläne verloren und erst im Januar 1936 war das endgültige Modell der Kirche fertig. Die Baufotos zeigen viele Eindrücke, die Glockenweihe erfolgte am 21. März 1936 - und zu Ostern 1936 standen die ersten Türme.
Gleichzeitig entstanden in den Kunstwerkstätten um Fr. Maurus Kraus die Figuren des Christus Salvator und die Seitenaltäre. Br. Bonifaz setzte nach seiner Vorlage und Entwurf die bis heute prägende Figur in Stein um. Im Mai 1936 begannen Gespräche und Planungen für die Orgel mit der Orgelbaufirma Klais.
Bereits zu Weihnachten 1936 konnte der Mönchskonvent die Gottesdienste im neuen Münster feiern, nachdem Bischof Matthias Ehrenfried die Altarsteine am 22. Dezember geweiht hatte:
"Die Kirche war von außen mit Scheinwerfern angestrahlt und stand da wie die zum Feste geschmückte Braut. Die Turmstube leuchtete in glührotem Schein und die Münsterglocken luden zur Mette. Schon füllte sich die Kirche, an den Omnibussen, die eintrafen, und den Autos, die vor dem Kloster parkten, merkten wir, dass viele Gäste kommen werden. Im Kloster war es lebendig geworden", heißt es in den Annalen. Doch bis zur Weihe sollten noch knapp zwei Jahre vergehen.
Ein bedeutendes Ereignis im Jahr 1937 war die Resignation von Abt Plazidus, der sehr krank war. Am 11. März wählten die Mönche Burkhard Utz zum 2. Abt der wiederbesiedelten Abtei. Seine Installation und Benediktion konnten sogar schon in der neuen Kirche gefeiert werden. Doch fertig war diese im Innenraum noch nicht.
Und gleichzeitig wuchs die Bedrängnis durch die Nazis, die bisher scheinbar kaum eine Rolle gespielt hatten. Auslöser war die von Kardinalstaatssekretär Pacelli redigierte Enzyklika "Mit brennender Sorge", die in den Kirchen verlesen wurde. Auch in der Abtei Münsterschwarzach verhaftete die Gestapo daraufhin einige Brüder. "Das Jahr 1937 brachte für Münsterschwarzach Monate ständiger Bedrohung", heißt es zudem in "Schwarz aber schön".
In diesem und dem folgenden Jahr ging es vor allem um die Ausgestaltung des Innenraums mit seinen Seitenaltären. Bemerkenswert ist übrigens, dass die Figur der Madonna die einzige Figur ist, die aus der alten Notkirche übernommen wurde. Im Sommer 1938 wurde dann der letzte Schliff angelegt. Kirchenbänke aus der Klosterschreinerei, handgeschmiedete Kommuniongitter und Tore und die letzten Steinbildhauer-Arbeiten. Am 11. September 1938 war es dann so weit. Die neue Kirche des Klosters wurde offiziell geweiht.