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Predigten

Josef, ein starker und selbstbewusster Mann

Predigt von Pater Christoph Gerhard OSB am vierten Adventssonntag, 18. Dezember, in der Abteikirche Münsterschwarzach

Wer war dieser Mann Josef, von dem es im Evangelium heißt: „Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen.“? Ich möchte die Bilder, die wir von Josef haben, etwas hinterfragen und damit auch die Bilder, die wir von der Heiligen Familie haben in unseren Krippendarstellungen, die wir wieder an Weihnachten aufstellen.

Ich habe gestern eine Frau gefragt, was würde dein Mann sagen, wenn du ihm sagst, dass Du ein Kind von einem anderen erwartest? Sie antwortete mir recht unvermittelt und deutlich: er würde durch die Decke gehen!

Warum ist Josef eigentlich nicht durch die Decke gegangen, als er feststellte, dass Maria ein Kind erwartete? Sondern nur in aller Stille sich von ihr zu trennen und sie nicht bloß zu stellen – das heißt sie dem Tod durch Steinigung auszuliefern! Was heißt es ein „gerechter Mensch“ zu sein? Einem anderen Menschen, ja Gott „gerecht zu werden“?

Das erste, was das Evangelium dazu sagt ist, dass er nachdachte. Er ging nicht durch die Decke, sondern erwog bei sich, was jetzt das Richtige zu tun sei. Und er nutzte dabei nicht nur sein Bewusstsein, sondern auch das, was uns zu 90 Prozent laut der modernen Psychologie steuern soll: nämlich das Unbewusste: er träumt von einem Engel. Er macht sich also seine bewussten, unbewussten und übernatürliche Kräfte zu nutze.
Und wie ist das mit seinem Traum? Das erste, was der Engel sagt, ist: fürchte dich nicht! In der scheinbaren Stärke des „Durch die Decke gehen“ steckt eigentlich nichts anderes als Schwäche und Furcht: nämlich selbst bloß gestellt zu sein, wenn man als Mann über seine Frau nicht als Eigentum verfügen kann. Wenn sie selbständig ist, wie Maria und vor allem der Heilige Geist Gottes. Sich nicht fürchten meint also: wirklich stark und eigenständig für sich sein und aus Gottes Willen heraus zu handeln. Josef ist, weil er auf seinen Traum und seine wachen Gedanken hört, ein starker und selbstbewusster Mann. Gar nicht so süßlich, wie er oft dargestellt wird.

Allerdings, so eine einfach-frohe Botschaft hatte der Engel sicher nicht für ihn. Er verkündet ihm etwas, was ihm dagegen gehen muss: Maria als seine Frau zu sich zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. Es geht also für ihn darum, nicht nur auf seine Verlobte zu hören, sie und ihr Kind anzunehmen. Es geht für ihn auch darum, Gott in seinem Leben zu hören und ihm zu gehorchen. Das sind zwei doppelt schwere Aufgaben, die besonders Männern schwer fallen. Da weiß ich, wovon ich spreche als Mann in einem Männerkloster!

„Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.“ Josef ist ein Mann der Tat, er tut, was er als den Willen Gottes für sich erkannt hat.

Wenn wir am Ende diese Woche unsere Krippen herrichten und am Heilig Abend zu Hause aufstellen, dann wünsche ich uns ein paar Minuten Zeit für die Heilige Familie und die Umstände, aus denen sie heraus entstanden ist. Was es für Maria bedeutet hat, ein Kind zu empfangen vom Heiligen Geist. Diesen Josef einige Zeit zu betrachten, was für ein starker Mann er gewesen sein muss, der sich nicht erschrecken lässt von seiner selbständigen Frau. Der einem Engel und damit Gott gehorcht, der seine ganz eigenen, göttlichen Pläne des Heils verfolgt. Und das ausgerechnet mit ihm, dem Zimmermann! Wie beide ihr „Ja“ sagen bzw. schlichtweg tun, ohne lang rum zu machen und mit Gott zu diskutieren. Sondern im Hören auf Gott einfach das Heil, Jesus, zur Welt bringen und ihm Raum geben.

Ich meine, das ist auch heute unsere Aufgaben zu Weihnachten: auf Gott, auf seinen Engel, auf unsere eigenen wachen Gedanken und Träume zu hören, und so ein Stück mehr Heil und Frieden in unsere Welt zu bringen.

Gebe uns Gott seine Gnade dazu.
Amen.

Pater Christoph Gerhard OSB