Predigten

Untrennbar durch Jesus miteinander verbunden

Predigt von Abt Michael Reepen OSB in der Abteikirche Münsterschwarzach am Gründonnerstag, 13. April 2017

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Mitbrüder,

heute vor einer Woche war ich noch in Kairo, in Ägypten. In der Nähe des Tahrir-Platzes wohnt P. Maximilian, ein Mönch unserer Kongregation aus Kenia. Er studiert dort Islamwissenschaft; um ihn herum sind einige junge Ägypter, die Missionsbenediktiner werden wollen.
Wir hatten mehrere Termine, bei Vertretern der Kirchen. Dabei war es kein Problem zu Fuß, mit Habit und Kreuz, mitten durch das Verkehrschaos von Kairo zu gehen. Lange Gewänder sind dort nichts besonders, viele Muslime tragen sie, die Frauen sind teilweise verschleiert, selten sieht man auch einen koptischen Mönch.
Die Begegnung mit dem koptischen Papst Tawadros war sehr brüderlich. Die koptischen Christen in Ägypten sind eine Minderheit von zehn Prozent der Bevölkerung. Sie sind stolz Ägypter zu sein. Und das alltägliche Leben von Christen und Moslems macht einen friedlichen Eindruck.

Umso geschockter war ich, als ich am Palmsonntag hörte, dass es einen Anschlag auf zwei Kirchen in Alexandria und im Norden von Kairo während des Palmsonntagsgottesdienstes gegeben hat. 44 Menschen wurden getötet und wie es heißt, galt der eine Anschlag Papst Tawadros, der den Gottesdienst in Alexandria hielt.

Diese Anschläge haben sich gezielt gegen Christen gerichtet. Gegen Brüder und Schwestern, die sich wie wir auf Ostern vorbereiten, die den Einzug Jesu in Jerusalem feierten und die heute wie wir Abendmahl und Fußwaschung halten, morgen des Todes Jesu gedenken und das heilige Osterfest betend und feiernd erwarten.

Es ist erschreckend, wie das Leiden Jesu sich fortsetzt im Leiden seiner Jüngerinnen und Jünger. Es scheint, dass die Welt die Botschaft der Liebe, die Botschaft Jesus nicht erträgt.
Heute beim Abendmahl sagt Jesus: Das ist mein Leib für Euch – tut dies zu meinem Gedächtnis und er nimmt den Kelch und sagt: Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes mein Blut, tut dies sooft ihr davon trinkt zu meinem Gedächtnis.
Heute Abend tun das Christen in aller Welt zu seinem Gedächtnis.
Sie essen und trinken Jesu Liebe in sich hinein, sind damit untrennbar mit Jesus verbunden und miteinander.
Liebe Schwestern und Brüder, wir sind untrennbar durch Jesus miteinander verbunden, sind blutsverwandt mit allen, die vom selben Brot essen und aus demselben Kelch trinken.

Dann kann es uns nicht egal sein, was mit unseren Brüdern und Schwestern in Ägypten geschehen ist. Es muss uns wehtun und wachrütteln, wenn wir hören, dass Christen wegen ihres Glaubens verfolgt und misshandelt und getötet werden: in Syrien, im Irak, im Iran, in Afghanistan, in Pakistan, in Nigeria, in Somalia zum Teil auch in Eritrea.
Auch im nördlichen Teil von Kenia, wo wir auch als Missionare tätig sind, werden Christen von islamistischen Extremisten diskriminiert. Aber auch in Asien, in Nordkorea, China und in Indonesien.

Wir Christen sind an den Kreislauf Jesu Christi angeschlossen. Die Liebe Christi fließt durch uns hindurch und will sichtbar werden gerade in dieser Welt wie sie sich heute zeigt.

Selbst im Angesicht des brutalen Leidens und des gewaltsamen Todes lässt Jesus nicht ab von seiner Liebe. Er liebte sie bis zur Vollendung. Und deshalb will er noch einmal Mahl mit seinen Freunden halten und gibt ihnen noch ein anderes Gebot.
Dieses Gebot hat mit sich hinwenden, sich bücken, sich knien, mit annehmen, mit waschen, mit reinigen zu tun.
Die Kultur der Liebe, des sich Verschenkens gegen die Unkultur von Terror, Hass und Gewalt. Mich hingeben für andere. Mich gebrauchen lassen für andere, mich vor ihnen verneigen und hinknien, die Füße waschen.
Jesus sagt: ein neues Gebot gebe ich Euch. Ihr sollt einander lieben, so wie ich Euch geliebt habe. Die Welt soll erkennen, dass Ihr meine Jünger seid, wenn ihr einander liebt. Das ist unser Markenzeichen als Christen - gegen Hass, Terror und Gewalt.

In den Nachrichten kam, dass der Anschlag des IS auf diese beiden Kirchen die Christen zum Gegenschlag provozieren soll. - Und genau als ich diese Zeilen schrieb, kam eine Mail des koptischen Bischofs Gabriel, den ich in Kairo getroffen habe. Er schreibt: „Die Koptische Kirche ist seit ihren Ursprüngen bis zum heutigen Tage eine Märtyrerkirche, ihre Mitglieder ertragen Verfolgung und Schmerzen in Liebe für Christus. Wir bitten Gott um Trost und Frieden für die Angehörigen, ewige Ruhe den Verstorbenen und schnelle Genesung den Verletzten!

Liebe Schwestern und Brüder, wir kennen auch die Gefühle von Hass und Aggression, von Wut und Gewalt. Oft genug üben wir sie auch aus. Oft auf sehr subtile und indirekte Art und Weise. Manchmal sogar im Gewand von Freundlichkeit treten wir unter dem Tisch, halten Feindschaft mit Verwandten und Nachbarn oft über Jahre.

Wenn wir jetzt Abendmahl feiern, einander die Füße waschen, Tod und Auferstehung Jesu feiern, dann ist es wie ein alljährliches mich hineinüben, mich neu hineinlassen in den Weg der Liebe Jesu und in diesen Weg der Verwandlung.
Diese Feier und die Feier dieser Tage will uns die Kraft geben, nicht zurückzuschlagen und zu hassen, sondern an der Kultur der Fußwaschung fest zu halten – trotz allem.

Es freut mich sehr, dass heute Abend zur Fußwaschung unsere jungen Gäste aus Eritrea dabei sind. Sie sind alle Christen und es hat mich unheimlich gefreut, wie sie mir erzählt haben, was Jesus alles getan hat und wie die letzten Tage seines Lebens abgelaufen sind. Sie wissen, um was es geht.
In der eritreisch orthodoxen wie auch in der koptischen Kirche waschen die Priester allen Gottesdienstbesuchern am Gründonnerstag die Füße.

Sie haben freudig zugesagt, heute Abend hier bei uns zu sein und haben noch ihre eritreischen Freunde mitgebracht. Da Jesus gesagt hat, wir sollen dieses Zeichen der Fußwaschung einander weiter geben, ist es auch nicht an die Zahl 12 gebunden. Es sind jetzt etwas mehr geworden.
Ich habe noch ein Ehepaar eingeladen, das seit 30 Jahren in Treue zusammen steht. Sie haben drei Kinder. Eines davon ist Elisabeth, sie war schon oft mit dem Rollstuhl unter uns. Dann ein junger Mann, der auf der Suche nach seinem Weg ist. Eine Frau. Unser jüngster Mitbruder und ein afrikanischer Bruder, der zurzeit bei uns zur Ausbildung ist.

Möge dieses Mahl und diese Zeichen uns Christen mit Jesu Liebe verbinden und uns ermutigen zum Zeugnis in der Welt von heute.

Abt Michael Reepen OSB