Predigten

Und Gott tanzt

Predigt von P. Meinrad Dufner OSB am 7. Sonntag im Jahreskreis.

Die Gliederung meiner Predigt wird ganz einfach sein. Als Erstes wiederhole ich Sätze aus dem gelesenen Evangelium. Dann kommen Alltagserfahrungen, und schließen werde ich mit Zitaten aus geistlicher Literatur.

1. Evangeliensätze
Hören Sie diese an wie bisher Ungehörtes:
„Wenn dich einer auf die rechte Backe schlägt, halt ihm auch die linke hin.“
„Bringt dich einer vor Gericht wegen eines Hemdes, lass ihm auch den Mantel.“
„Zwingt dich einer zu einer Meile, geh zwei mit ihm.“
Das ist doch Unerhört!
Das ist doch verrückt, unsinnig, närrisch. Ja, es ist närrisch.
So närrisch wie Gott, „der die Sonne aufgehen lässt über Bösen und Guten,
der regnen lässt über Gerechte und Ungerechte.“

Jetzt bin ich bei Fastnacht, einem Fest im christlichen Kirchenjahr. Ein Fest, das der Ganzheit des Lebens, nämlich den Gegensätzen Rechnung trägt. In meiner Heimat – von frühesten Kindesbeinen an – haben sich die Fastnachtsbräuche so tief wie Weihnachtskrippe und Christbaum eingeprägt. Ja, es hieß, „wer an Fasnacht nicht verrückt ist, ist es vielleicht das ganze Jahr.“

Rollenwechsel: der Ängstliche getraut sich maskiert Freches. Die Schüchterne trumpft mal auf. Der Alte macht auf Jung und der kleine Junge spielt den starken Mann. Und ernste Themen werden mal mit Humor und Witz erörtert.
In Sprichwörtern kennen wir derart Lebensweisheit ebenfalls überliefert:
„Wer alles recht machen will, macht sicher etwas falsch.“
„Aus Fehlern wird man klug.“
„Außen hui, innen pfui.“
„Leben und leben lassen.“
„Mach’s wie Gott, werde Mensch.“

Aus dem Umkreis von Mahatma Gandhi gibt es den Satz: „Babu, Deine Armut hat uns viel Geld gekostet.“

Oder anders gesagt:
Es gab einen, der viel Rechte hatte. Die Folge davon: die um ihn herum hatten viele Pflichten.

Jetzt komme ich zum dritten Teil. Ich zitiere von meiner Kirchenlehrerin, der französischen Dichterin Marie Noel.

Der erste Tanz
Im Anfang war das Chaos. „Die Erde ungeformt und leer.“ (Wer hatte das Chaos erschaffen)
„Und der Geist Gottes schwebte über dem Abgrund.“

…bewegte sich
Gott bewegte sich,
Gott tanzte.

Gott, in seiner Freude an Gott, tanzte. Im Anfang war die Freude Gottes, diese Liebe, dieser Tanz, dieser Rhythmus. Und der Rhythmus war so stark, dass das Chaos in Bewegung geriet, das Formlose suchte Form, die Atome begannen auch zu tanzen. (…)

Und dem Schwung Gottes gemäß, dem zündenden Befehl seiner Musik gehorsam, haben sie sich aufgestellt, zusammengefügt, zusammengesetzt, in Ordnung gebracht, in Musik gesetzt; sie haben Bilder, Gestalten, Wesen aufgebaut; sie sind Licht, Sterne, Welten, Tiere, Mensch geworden, der ganze Maskenball des Lebens-.

So erschuf Gott den Himmel und die Erde.

Gott tanzt.
Und immerdar währt, breitet sich aus, entwickelt sich der große Rhythmus des Anfangs, der ordnet, aufbaut, sich ewiges Leben nennt.

„Heiligkeit, das ist nicht eine Tugend; das sind nicht alle deine Tugenden.
Heiligkeit, das sind nicht deine hervorragendsten Eigenschaften, das sind nicht deine heroischsten Opfer, das ist nicht deine Vollkommenheit.
Die Heiligkeit, das bin Ich, Gott, in dir, dem Menschen.“

„Es ist eine Gnade, einem Heiligen zu begegnen.
Aber es wohnt sich besser mit einem Weisen zusammen.“

Die Gegensätze aus Gott heraus aushalten und leben lernen:
„Denn Er lässt Sonne aufgehen über Guten und Bösen.
Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel.“