Predigten

Einladung Gottes, glücklich zu werden

Predigt von Pater Jesaja Langenbacher OSB am 4. Sonntag im Jahreskreis, 29.Januar, in der Abteikirche Münsterschwarzach über das Evangelium nach Matthäus, 5,1-12a

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,

Die Seligpreisungen, die wir eben gehört haben, sind die Einladung Gottes, um in diesem Leben selig – oder – glücklich zu werden. Ich denke, wir alle wollen glücklich sein. Wir haben vielleicht unterschiedliche Vorstellungen, was das für uns bedeutet, aber wir haben eine Sehnsucht nach einem Gefühl oder nach einer Erfahrung, in der wir uns in Harmonie und Frieden mit uns selbst und mit unserer Umgebung fühlen.

Aus unserem Alltag wissen wir allerdings auch, dass glücklich sein – oder eben im Frieden zu sein, nicht so einfach ist. Die verschiedenen Werbestrategen wollen uns das zwar weiß machen, aber wir haben wohl schon öfters erfahren, dass das Konsum-Glück nicht satt macht. Auch ein Mensch oder eine Gemeinschaft können für einen Menschen letztendlich nicht „Gott sein“, der Inbegriff von „andauernder Glückseligkeit“.
Das Thema „Glück“ füllt ganze Bibliotheken. Wir haben in einer Predigt nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung. Deshalb werde ich hier nur einige Aspekte zu den ersten drei Seligpreisungen ausführen.

Als einzelne Menschen wünschen wir uns zunächst Glück oder Frieden auf der körperlichen Ebene und der Ebene von Energie, z.B. dass wir in das rechte Maß und in die gesunde Abwechslung von Spannung und Entspannung zu kommen. Auf der emotionalen Ebene geht es um das Zulassen und um einen Ausgleich unserer Gefühle, von unserer Traurigkeit, unseren Ängsten, von Ohnmacht, Wut, aber auch darum, unsere Freude, Gelassenheit, Mut, Tatendrang und die Weite des Herzens zu leben …

Die zweite Seligpreisung setzt hier an, wenn sie sagt: „Selig/glücklich sind die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.“ Selig / glücklich werden wir nicht, indem wir unsere Gefühle verdrängen, sondern indem wir sie ausdrücken und leben.“ Dass das nicht missverstanden wird, z.B. dass wir unsere Wut destruktiv ausleben, folgt gleich die 3. Seligpreisung: Selig/glücklich, die keine Gewalt anwenden, denn sie werden das Land erben. D.h. also nicht, dass wenn ich wütend bin, einfach um mich schlage, sondern dass ich z.B. meine Wut in eine positive Bewegung umsetze – in Joggen, Fahrrad fahren, Holz hacken, die Wohnung putzen etc.

Indem wir Mönche in den Psalmen alle Gefühlslagen durchbeten, söhnen wir uns mit ihnen aus. Sie dürfen da sein, und brauchen im Unbewussten kein negatives Eigenleben führen.

Neben der körperlichen, energetischen und emotionalen Ebene gibt es noch die Ebene der Gedanken, die uns immer wieder aus unserem Frieden herausholen – oder nicht hineinfinden lassen.

Die Tradition der Wüstenväter, die im Kampf gegen die negativen Gedanken geschult waren, wusste um die Kraft der guten Gedanken oder Gebete. Sobald sich ein negativer Gedanke einstellte, wie z.B. „ich bin nichts wert“, oder „die Arbeit taugt sowieso nichts“, nahmen sie das Thema sofort ins Gebet, wendeten sich an Gott, dankten Gott für das, was sie hatten. Um nur ein Beispiel zu nennen, wurde der Psalm 23 zitiert: „Der Herr ist mein Hirte nichts kann mir fehlen.“ Mit so einem Gedanken kann der negative Gedanke weggeschoben werden – sich wieder Vertrauen einstellen und der Körper wieder in eine aufrichtige Haltung geführt werden.

D.h. – wenn wir glücklich werden wollen, müssen wir diese Schichten in Harmonie bringen: gute Gedanken denken, gute Gefühle pflegen, uns um unser Energieniveau und den Körper kümmern (bei zu viel Spannung halt mal schlafen; bei zu viel Fernsehen/Spiele am Computer etc. spazieren gehen, Sport machen).

Die Erfahrung von Glück oder Unglück hat dann zwar auch mit der Erfahrung von bestimmten Umständen zu tun, aber auch viel mit der Bewertung dessen, was mir widerfährt.

Es gibt meiner Meinung nach eine wunderbare Geschichte, die uns eine Möglichkeit aufzeigt mit Schicksalsschlägen umzugehen:
Ein Mann mit seinem Sohn am Rande einer Prärie. Eines Tages läuft dem Jungen ein Wildpferd zu. Die Leute sagen: was ihr für ein Glück habt. Der Vater aber sagt: „Glück oder Unglück – wer weiß das schon?“ Der Junge reitet das Wildpferd ein –stürzt vom Pferd und bricht sich einen Arm. Die Leute sagen: Ach, was ihr doch für ein Unglück oder Pech habt. Der Vater sagt: „Glück oder Unglück – wer weiß das schon.“ Es bricht ein Krieg im Land aus und alle wehrfähigen Männer werden zum Wehrdienst eingezogen – nur nicht der Junge, der einen gebrochenen Arm hat. Die Leute sagen: Ach, habt ihr aber ein Glück. Der Vater sagt: „Glück oder Unglück, wer weißt das schon?“ Eines Tages läuft das Wildpferd wieder davon. Die Leute sagen: Ach, habt ihr aber ein Unglück oder Pech. Der Vater sagt: Glück oder Unglück, wer weiß das schon?“ Ein paar Tage kommt das eine Wildpferd mit weiteren sieben Wildpferden zurück. „Glück oder Unglück – wer weiß das schon?“

Es ist eine Geschichte, die zeigt, dass ich Situationen, die mir widerfahren, unterschiedlich interpretieren kann. Es gibt einen gewissen Entscheidungsspielraum, wie ich damit umgehe:Wenn ich z.B. über eine Wiese gehe: schaue ich auf den Dreck oder die Blumen. 

Oder: ein Mann war traurig, weil er keine neuen Schuhe hatte – bis er jemanden traf, der keine Füße hatte. Auf was schaue ich? Auf das, was ich habe oder auf meinen Mangel?

Oder, wenn ich eine Person treffe: schaue ich auf den Schatten, den „Mangel“ der Person oder schaue ich auf das Höchste in ihm, in ihr? In der Regel des Heiligen Benedikts wird der Abt z.B. angewiesen, die ankommenden Gäste mit einer Verneigung und einer Niederwerfung zum Boden zu begrüßen, weil er in ihnen Christus (Gott) anbeten soll. 

Abschließend könnte uns die 1. Seligpreisung „Selig/glücklich, die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich“ einladen, wie ein Kind eine Haltung des Staunens und der Dankbarkeit einzuüben: ein Kind ist gleichzeitig „arm vor Gott“, weil es in diesem Sinne nichts besitzt – und doch reich, weil es von einem erfüllenden Augenblick zum nächsten lebt, von Moment zu Moment, jeden Augenblick lebt, so wie er ist.
Bitten wir Gott, dass wir in dieser und in jeder Eucharistie Tod und Auferstehung als das Zentrum des Christentums erfahren dürfen, dass wir im Heiligen Geist immer wieder in den Augenblick Gottes hinein sterben – alles Vergangene loslassen und im Augenblick Gottes wieder neu geboren werden, neu anfangen.

Lassen wir immer wieder das Vergangene los und lassen wir uns in Gottes Gegenwart als Königs- und Gotteskinder von Moment zu Moment erfüllendes und glückseliges Leben neu schenken. Amen.

Pater Jesaja Langenbacher OSB