„Vielleicht sitzt Gott schon längst vor meinen Füßen“

Für einen Benediktiner scheint der Buchtitel „Gott wieder finden und warum es gar nicht nötig ist, ihn zu suchen“ provokant – doch nur auf den ersten Blick.


 

Bei seinem BuchBesuch in der Klosterbuchhandlung „Buch und Kunst im Klosterhof“ hat Autor P. Zacharias Heyes OSB erklärt, warum es im Glauben oft nicht um die Suche, sondern um das „Gefunden werden“ geht. Anhand biblischer Beispiele zeigte er, dass Gott schon seit Anbeginn der Zeit den Menschen gefunden hat – und nicht umgekehrt. „Das wird schon bei Mose deutlich, als Gott ihm erscheint und ihm verkündet, dass dieser auf heiligem Boden steht.“

Auch später sei Gott noch vielen erschienen, nicht zuletzt Maria. Plötzlich und unerwartet sei er in ihrem Leben aufgetaucht. An ihr zeige sich, dass es statt einer aktiven Suche vielmehr eine Bereitschaft im Menschen brauche, überhaupt gefunden zu werden. Es helfe nicht, rastlos zu sein, ständig auf der Suche nach dem „Mehr“ im Leben und dabei trotzdem nie anzukommen.

Wo hat Gott mich denn gefunden?

Gott im anderen

„Vielleicht müssen wir uns da die Frage stellen: Wo hat Gott mich denn gefunden? Vielleicht sitzt er ja schon längst vor meinen Füßen und ich sehe ihn nicht“, forderte P. Zacharias seine Zuhörer auf. Dabei gelte es aber vor allem, Gott in den anderen zu sehen: ein Grundanliegen der Benediktsregel. Beispielhaft nannte er die Geschichte des barmherzigen Samariters, der als einziger geholfen habe, weil er die Not seines Gegenübers erkannt hatte. In solchen Situationen zeige sich, was die Worte „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40) bedeuten.

Die sieben Werke der Barmherzigkeit (Hungernde speisen, Dürstenden zu trinken geben, Nackte bekleiden, Fremde aufnehmen, Kranke besuchen, Gefangene besuchen, Tote begraben) seien dabei nicht immer wörtlich zu nehmen. Vielmehr solle sich jeder fragen, wo der andere hungrig nach Zuwendung oder nackt im Sinne von bloßgestellt ist – und wie man selbst damit umgehe.

Daraus folgerte P. Zacharias: „Wenn ich Gott finden will, muss ich im Menschen suchen.“ Für die Kirche von heute heiße das auch, dass sie da hingehen muss, wo die Menschen sind. Und auch, dass es sein kann, dass der Sonntagsgottesdienst in der Pfarrei nicht allein der Ort sei, wo die Menschen Gott finden. „Vielleicht zeigt er sich ihnen anderswo, vielleicht an Orten wie hier im Kloster oder in der Natur. Wichtig ist nur, dass sie ihn auch mitnehmen.“

Das sei auch sein Anliegen im Umgang mit Menschen, die nur selten oder sporadisch mit der Kirche zu tun haben. Weihnachten, Hochzeit, Taufe, Beerdigung. „Doch genau an diesen Punkten kommen sie wieder. Da zeigt sich: Gott hat Relevanz für das Leben. Ich sehe das als Chance, ihnen noch mehr mitzugeben.“ Es sei nicht der Glaube, der bei den Menschen verschwinde. Nach wie vor nehme P. Zacharias eine Sehnsucht nach „Mehr“ wahr. Und er ist sich sicher: Gott ist da und findet den Menschen. Überall und jederzeit.

Über den Autor

P. Zacharias Heyes ist nach dem Studium der Theologie in Münster und Würzburg vor 19 Jahren in die Benediktinerabtei Münsterschwarzach eingetreten. 2005 wurde er für zwei Jahre in die Mission nach Tansania ausgesendet. Nach seiner Rückkehr arbeitete er zunächst als Schulseelsorger. Heute ist er geistlicher Begleiter im Gästehaus und Recollectio-Haus der Abtei Münsterschwarzach und im Team der Notfallseelsorge für den Landkreis Kitzingen.

2018 startete er auf YouTube das Format „Frag den Mönch“, in dem er aktulle Themen des (Kirchen-)Jahres aufgreift und erklärt, wie diese im Alltag umgesetzt werden können. Als Autor im Vier-Türme-Verlag hat er bereits fünf Bücher geschrieben, unter anderem die international erfolgreichen Titel „Bei mir selbst zu Hause sein“ sowie „Gott wieder finden - und warum es gar nicht nötig ist, ihn zu suchen“.