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Du gehörst trotzdem dazu!

Predigt zu 1Kor 12,12-31 – Predigt von P. Fidelis Ruppert am 27. Januar in der Abteikirche Münsterschwarzach

Schwestern und Brüder,

das war heute eine sehr leibhafte Lesung aus dem ersten Korintherbrief. Es geht da um Ohren und Füße und Hände und um die Nase zum Riechen. Paulus wurde überhaupt nicht fertig, in immer neuen Varianten zu beschreiben, wie verschiedene Teile unseres Körpers zusammenspielen und sich gegenseitig brauchen.

Eigentlich ging es ja um ein hochtheologisches Thema. Er will erklären, was es mit der Kirche auf sich hat und wie sie sein soll. Sonst beschreibt er sie mit recht erhabenen Titeln, wenn er sie z.B. als reine Braut Christi bezeichnet oder als Abbild des himmlischen Jerusalem. Hier fiel ihm nun das Bild vom Leib ein. Die Kirche ist Leib Christi.

Alle Christen bilden einen einzigen Leib. Die Kirche ist so konkret wie ein Leib, so konkret wie mein Körper, so hautnah und konkret wie mein Ohr und meine Hand, meine Nase.… 

Paulus will also sagen: wenn wir über Kirche reden, dann müssen wir über ganz konkrete Menschen reden, so wie sie sind. Und er hat allen Grund, sehr konkret zu werden…. In der Kirche von Korinth hat er recht handgreifliche und handfeste Probleme:

Es gibt Machtkämpfe verschiedener Gruppen, es gibt dogmatische Streitigkeiten, es gibt soziale Spannungen, weil die Reichen bei der Agapefeier nicht mit den Armen teilen wollen. Aus dieser schmerzlichen Erfahrung heraus besteht Paulus in immer neuen Wendungen und Bildern darauf, dass alle zusammengehören und sich niemand einfach draus halten kann.

Wenn z.B. der Fuß sagt: weil ich keine Hand bin, gehöre ich nicht dazu, also: weil ich anders bin, fühle ich mich nicht zugehörig, da sagt Paulus heftig: und du gehörst doch dazu, du bist trotzdem ein Teil des Leibes. Er sagt das heftig und trotzig – gleich mehrmals. 

Verschiedenheit ist kein Grund, nicht dazu zu gehören. Paulus erinnert die Korinther daran, dass sie eine bunte Truppe sind: Juden, Griechen, Sklaven und Freie, im bunten Völkergemisch der Hafenstadt Korinth. Und dann fügt er hinzu: „Aber sie alle wurden mit dem einen Geist getränkt und sind jetzt ein Leib“ – sie gehören zusammen, ob es ihnen passt oder nicht.

Keiner kann sagen: weil ich anders bin, anders denke, gehöre ich nicht dazu; oder: weil der da oder die da anders ist und anders denkt, gehört sie nicht dazu.

Alle sind mit dem einen Geist getränkt, vom Geist Gottes zusammengeschweißt – so fest und selbstverständlich, wie die Hand zum Leib gehört. Offenbar geht es Paulus um den Zusammenhalt um jeden Preis, trotz aller Verschiedenheit.

Was kann das für uns heute bedeuten?

Unsere Welt ist ziemlich zerstritten und gespalten. Auch in der Kirche und in vielen Gemeinden gibt es Spaltung und Feindseligkeit, man droht sogar mit echter Kirchenspaltung, um wieder schön unter sich zu sein. Viele möchten die Kirche nur so haben, wie sie selber sind, und sie möchten die anderen entweder bekehren oder an die Seite drücken.

Eigentlich war Kirche schon immer vielfältig und bunt, bestehend aus Gruppen, die so verschieden sind wie die einzelnen Glieder an einem Leib, so verschieden wie mein Auge von meinem Fuß verschieden ist.

Kirche sein heißt: Vielfalt leben, Vielfalt akzeptieren, ganz gleich, ob mir da alles passt oder nicht. Das erinnert mich an einen Spruch aus den 70-er Jahren, als auch heftige Kämpfe in der Kirche tobten. Damals konnte man öfters den Satz hören: „Der Papst kann machen, was er will, wir bleiben katholisch!“

Das war etwas flapsig gesagt, aber es meinte: auch wenn mich vieles ärgert, was da oben und auch da unten geschieht: ich bleib auf jeden Fall dabei und mache mit.

Auf jeden Fall zusammenbleiben – weder davonlaufen, noch andere loshaben wollen, sondern sich auseinandersetzen und voneinander lernen für die gemeinsame Sache. Niemand abschreiben!

Dazu ein Beispiel aus einem etwas anderen Zusammenhang: Ich hörte mal den Oberen eines Klosters sagen: „Wenn ich eines Tages denke oder sage, mit dem oder jenem Bruder will ich nichts mehr zu tun haben, dann wird es Zeit, dass ich mein Amt aufgebe.“ Er meint also, er kann nur eine Gemeinschaft leiten, wenn er jedem einen Platz gönnt, egal wie schwierig das für ihn ist. Niemanden abschreiben!

Paulus sagt, auch die schwächsten und unansehnlichsten Glieder hätten ihre Funktion, sie gehören auf jeden Fall dazu, sie seien sogar besonders wichtig. 

Jemanden loshaben wollen! Kenne ich das auch bei mir? Wir können mal einen Selbsttest machen und fragen: Wer gehört zu meiner Gemeinde, zu meinem religiösen Umfeld, zu meiner Klostergemeinschaft? Wer passt mir da nicht? Ist es mir recht, dass die alle dazugehören? Möchte ich den oder die lieber loshaben? Schäme ich mich wegen dem da!?

So beginnt Spaltung….

Paulus würde mit Nachdruck sagen: Und er gehört doch dazu! und sie gehört doch dazu! Und er begründet es ja damit, dass wir alle mit demselben Geist getränkt sind, mit dem Geist Christi – als fester Teil an dem einen Leib.

Bei manchen darf mir das ruhig schwer fallen, aber mit Paulus sollte ich sagen: „Er oder sie ist mit demselben Geist getränkt wie ich.“

Vielleicht muss ich diesen Satz oft wiederholen und meditieren, bis ich den da oder jene dort als Teil am gleichen Leib akzeptieren und sagen kann – ja, er gehört doch dazu – trotz allem!

Wenn möglichst viele Christen diese Einstellung hätten und danach lebten, das wäre schon mal ein wertvoller Beitrag für unsere zerstrittene und zerspaltene Welt. 

Und wir hier können das heute schon konkret praktizieren: Wenn wir nachher zur Kommunion gehen und hören „der Leib Christi“,  können wir uns daran erinnern, dass der Leib Christi wir alle sind – auch all jene, die mir nicht passen, sie gehören trotzdem dazu jede und jeder – Leib Christi und wir alle zusammen – Leib Christi heute und immer.

Amen.