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30 Jahre Jugendvesper in der Abtei Münsterschwarzach

Jeden dritten Freitag im Monat lädt die Abtei via Handzettel, Internet und Facebook zur Jugendvesper in die Krypta ein.

30 Jahre ist es her, als die erste Jugendvesper in der Abtei Münsterschwarzach gefeiert wurde. Trotz ihres nicht mehr ganz jugendlichen Alters hat diese Form gemeinschaftlichen Betens und Singens nichts von ihrer Attraktivität und Aktualität eingebüßt.

Der Impuls für das Projekt „Jugendvesper“ fiel wohl bei der Ostertagung der Salzburger Äbtekonferenz im Jahr 1982 in Kremsmünster, vermutet Pater Jesaja Langenbacher, der die Jugendvesper seit 2009 leitet. Abt Bonifaz Vogel waren damals begeisterte Berichte über die dortigen Jugendvespern zu Ohren gekommen. Nach seiner Rückkehr klopfte er deshalb bei Pater Anselm Grün an, ob man so etwas nicht auch in Münsterschwarzach machen könne. Gemeinsam mit Pater Meinrad Dufner und Pater Udo Küpper machte sich Pater Anselm ans Werk. Bereits im Mai 1982 fand die erste Jugendvesper in der Abtei statt – und „der Zuspruch muss überwältigend gewesen sein, die Krypta war rappelvoll“.
Bis heute ist die Jugendvesper ein zentraler Baustein der Münsterschwarzacher Jugendarbeit und ein wichtiges Bindeglied zwischen den Jugendkursen, die alljährlich an Silvester, Ostern und Pfingsten stattfinden. Für viele Menschen ist dieser Abend eine Tankstelle, um das Feuer am Brennen zu halten. Mancher habe hier gar den ersten Kontakt zum Klosterleben geknüpft, berichtet Pater Jesaja. So hat nicht nur er selbst hier „angedockt“, sondern auch Abt Michael Reepen und viele andere Ordensmänner.

Einladung per Facebook

Jeden dritten Freitag im Monat lädt die Abtei via Handzettel, Internet und Facebook zur Jugendvesper in die Krypta ein. Zielgruppe sind Jugendliche, junge Erwachsene und Firmlinge, auch jung gebliebene Fans. Viele wohnen in der näheren Umgebung, manche reisen von weiter her an, sogar aus Freiburg. Einige ehemalige Jugendkursler kommen seit 20 Jahren. „Unser Anliegen ist es, jungen Menschen zu zeigen, wie hochaktuell und alltagsrelevant der Glaube für unser Leben ist.

Wir wollen ihnen Impulse für das eigene Leben mitgeben und die benediktinische Spiritualität, die ja aus uralten Quellen gespeist wird, für das Hier und Heute fruchtbar machen“, umreißt Pater Jesaja das Anliegen des Jugendvesper-Teams. Zu ihm gehören neben einigen jungen Mitbrüdern auch ganz bewusst „Externe“ wie Sozialpädagoge Thomas Tribula und Theologiestudent Stefan Sauerbrey. „Wir brauchen Menschen, die mit dem Herzen dabei sind, die Erfahrungen mit Gott gemacht haben und wissen, dass sich dieser Weg lohnt“, begründet Pater Jesaja: „Schließlich sind wir Mönche nicht allein die geistlichen Experten. Was zählt, ist das Miteinander.“

Fußball-WM und Heiliger Geist

Miteinander macht man sich auch auf die Suche nach einem monatlichen Thema, das oft ungewöhnlich, zuweilen provokant klingen mag. Bewusst schöpft man dabei aus allen Lebensbereichen – aus dem aktuellen Weltgeschehen wie aus dem eigenen (Glaubens-)Leben. Das Spektrum reicht von der Frage nach der „Hoffnung in deinem Leben“ über die Verbindung von „Fußball-WM und Heiligem Geist“ bis zum Blick über den eigenen Tellerrand. Natürlich spricht nicht jedes Thema alle gleichermaßen an. Besucherspitzen registriert Tribula „immer dann, wenn direkte Betroffenheit da ist oder große Katastrophen passiert sind“. Immer dann werde das Gebet aktuell, tauche Vergessenes aus der Tiefe auf. So sei die Krypta während der Golfkriege oder kurz nach dem Reaktorunglück in Fukushima brechend voll gewesen. „Wenn es den Menschen aber gut geht, brauchen sie Gott nicht“, bedauert Tribula.

Wahre Schatztruhe

Für die, die dennoch kommen, ist die Jugendvesper ein echter Gewinn. Viel trägt dazu die ganz eigene Mischung aus Tradition und Innovation bei. Beispiel Psalmlesung: Was im ersten Moment etwas antiquiert klingt, erweist sich bei genauerem Hinsehen als wahre Schatztruhe. Immer wieder gelingt es den Mönchen, die Sprache der jahrhunderte alten Texte ins Heute zu übersetzen – und wenn es anhand der Gegenüberstellung mit einem Liedtext von Udo Lindenberg ist.

„Solche prägnanten Impulse sollen verdeutlichen, dass in den Psalmen viel Allgemeinmenschliches steckt, das bis heute aktuell ist“, erklärt Pater Jesaja. Plötzlich berühren Psalmen auch die, die bisher nicht viel mit diesen alttestamentlichen Texten anfangen konnten. Ähnliches passiert bei Schriftlesung und Predigt. Die sehr persönlichen Ansprachen wollen Anregungen geben, Mut zur Veränderung machen, zu mehr Einsatz und Engagement auffordern. Auch bei den Fürbitten geht es recht unkonventionell zu: Mal legen die Besucher ihre Hände auf den Altar, mal steigen Bitten in Form von Weihrauch auf, werden frei formuliert. „In dieser beinahe intimen Stimmung trauen sich viele, ihre persönlichen Anliegen auszusprechen“, sagt Tribula. „Hier kann ich mich öffnen, ohne dass ich Angst haben muss mich zu entblößen.“

Erfolgsgeheimnis Musik
Eines der Erfolgsgeheimnisse der Jugendvesper liegt jedoch in der Musik. Die musikalische Basis bilden meist Tribula (Gitarre), Sauerbrey (Percussion) und Bruder Julian Glienke (Geige). Spontanes Mitmusizieren ist ausdrücklich erwünscht. Es entsteht Musik, die aus dem Herzen kommt. „Die muss nicht absolut perfekt sein, aber sie muss ankommen“, meint Tribula. Und das tut sie auch: Mal verführen kraftvoll-fetzige Rhythmen zum Mitwippen, mal entführen zarte meditative Klänge in die Tiefen der Seele. „Am Ende herrscht meist eine sehr intensive Stimmung“, resümiert Sauerbrey. Für ihn ist die Jugendvesper lebendiger Beweis dafür, dass Kirche auch „jung, dynamisch und cool“ sein kann. „Man muss nur bereit sein, etwas zu verändern“, sagt er: „Dann hat Kirche auch Zukunft!“